# taz.de -- Robert Habeck über die Situation der Grünen: "Wir müssen cool bl… | |
> Der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein, Robert | |
> Habeck, über die Piraten und Mitmachpolitik, Wasserwerfer und | |
> Koalitionsmöglichkeiten. | |
Bild: "Ein schwarz-grünes Projekt gibt es so wenig wie ein rot-grünes", sagt … | |
Herr Habeck, offenbar sind Sie ein Fan der schwarz-gelben Landesregierung: | |
So wirft die SPD Ihnen vor, untauglichen Gesetzen Geburtshilfe zu leisten. | |
Und wenn bei der CDU ein Abgeordneter fehlt, stimmt ein Grüner nicht mit. | |
Wieso? | |
Robert Habeck: Wir stützen die Regierung nicht, wir treiben sie. Allerdings | |
tun wir das, indem wir uns die Mühe der politischen Arbeit zumuten, statt | |
den Diskurs zu verweigern. Wenn das der Vorschlag der SPD ist, entspricht | |
das nicht unserem Stil. Ebenso ist es mit dem Pairing, also dem Verzicht | |
auf eine Stimme, wenn bei der CDU jemand krank ist. Die SPD macht Pairing | |
für die FDP, aber wegen alter Geschichten nicht für die CDU. Dass sie uns | |
das vorhält, ist lächerlich. Wir wollen nicht, dass jemand im Krankenbett | |
in den Plenarsaal geschoben wird. | |
Sehr ehrenwert, aber auch klug? Jüngst meldete sich der über eine Affäre | |
gestürzte Christian von Boetticher krank, auch da griff das Pairing. | |
Das Pairing hat uns nur Scherereien gebracht. Das wirft auf ein zynisches | |
Licht auf den Politikbetrieb. Man sagt, Schluss mit Nicklichkeiten und | |
fängt sich genau die ein. Die CDU mosert, weil wir das Pairing nur bei | |
Krankheit machen, die SPD sagt der taz, wir stützen die Regierung, während | |
sie die FDP ausgleicht. | |
Laut einer Umfrage sind nach der Landtagswahl im Mai 2012 sowohl rot-grün | |
als auch schwarz-grün möglich. Wer wäre Ihnen als Partner lieber: | |
Christdemokrat Jost de Jager oder Sozialdemokrat Torsten Albig? | |
Beide sind okaye Gesprächspartner, und ich hoffe, dass sich durch den | |
Personalwechsel die politische Kultur im Land ein bisschen beruhigt. | |
Inhaltlich ist uns die SPD näher, aber nimmt man alle Aussagen der SPD | |
zusammen, kommt man noch auf kein Wahlprogramm – ich bin gespannt, was sie | |
vorlegen. | |
Energiewende und der Ausbau von Stromtrassen – eine Aufgabe für CDU und | |
Grüne? | |
Eine Aufgabe für die Gesellschaft. Aber ein schwarz-grünes Projekt gibt es | |
so wenig wie ein rot-grünes. Es gibt Themenfelder, auf denen sich | |
ideologische Gräben geschlossen haben, Energiepolitik, Bildung, auch die | |
Finanzpolitik nach der Schuldenbremse. Da streiten wir nicht mehr um | |
Grundsätze, sondern um die beste Lösung. Wir wollen die Trassen in | |
Bürgerhand geben, die CDU argumentiert eher als klassische Industriepartei. | |
Bei Ihrer politischen Sommertour haben Sie Menschen in Uniform besucht – | |
Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr. Die Antrittsreise des künftigen | |
Innenministers Habeck? | |
Das ist zurzeit mein Fluch: Besuche ich eine Schule, heißt es, ich wolle | |
Bildungsminister werden, ne IHK, Wirtschaftsminister... Ziel der Reise war, | |
sich der Inneren Sicherheit als letztem Tabu der Grünen anzunähern. War | |
spannend, vor einem Wasserwerfer zu stehen, ohne Angst zu haben, nass zu | |
werden. | |
Die Piraten liegen in Schleswig-Holstein zurzeit bei vier Prozent. Wie | |
ernst nehmen Sie sie? | |
Die Piraten als reine Internetpartei abzutun, entspricht dem Fehler, den | |
CDU und SPD bei den Grünen gemacht haben. Die Piraten spiegeln ein anderes | |
Denken von gesellschaftlicher Wirklichkeit wider. Und sie führen vor, dass | |
das politische System nicht mehr richtig funktioniert. Für uns ein Anlass, | |
sich die Grundsatzfrage zu stellen, ob wir genug Abstand zum System Politik | |
wahren. Und das ist sauschwer im Alltag zwischen Ausschüssen und | |
Abendveranstaltungen. Die Grünen müssen schlicht cool bleiben. | |
Führt der Trend zur Mitmach-Politik am Ende dazu, die Parlamente aufzulösen | |
und Gesetze per Facebook zu diskutieren? | |
Es gibt Grenzen. Auch wenn bei der Internet-Debatte über unseren Haushalt | |
eine Mehrheit für den Ausbau der A 20 ist, bleiben die Grünen dagegen. | |
Coolness ist nicht Facebook oder Twitter. Cool meint, bei sich selbst zu | |
bleiben. | |
30 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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