# taz.de -- Schleswig-Holsteinische Grüne Löhr und Habeck: "Klar wollen wir r… | |
> Die Parteivorsitzende Marlene Löhr und Fraktionschef Robert Habeck der | |
> Grünen in Schleswig-Holstein über grünen Gestaltungsanspruch, die | |
> Verdruckstheit von SPD und CDU und das Scheitern der GAL in Hamburg. | |
Bild: Die perfekte Idylle aus Windkraft, blauem Himmel und Bio-Raps: So stellen… | |
taz: Frau Löhr, Herr Habeck, in einem Jahr wird in Schleswig-Holstein | |
gewählt. Wollen die Grünen dann in die Regierung? | |
Marlene Löhr: Wir lassen uns von guten Umfragen nicht besoffen machen. Bis | |
Mai 2012 sind es noch 13 lange Monate. | |
Robert Habeck: Regieren wollen heißt ja, gesellschaftliche Mehrheiten | |
herzustellen. Klar wollen wir das. Aber Regieren ist erstens kein | |
Selbstzweck und zweitens kein Zuckerschlecken. Wir müssen eine klare, | |
umsetzbare Gestaltungsperspektive erarbeiten. | |
Klingt nicht nach hehren Werten, sondern nach dem schnöden Machbaren. | |
Löhr: Wir müssen uns nicht über Werte klar werden, das müssen andere. Wir | |
Grüne stehen seit 30 Jahren für das Konzept der Nachhaltigkeit: in Ökologie | |
und Ökonomie wie auch in Bildung, Sozialem, Integration, Bürgerrechten - | |
eben überall. Wir haben da keinen Nachholbedarf. | |
Haben Sie das konkreter? | |
Habeck: Wir müssen den Ausbau der Netze und der Erneuerbaren schneller | |
voranbringen, wir brauchen eine moderne Kommunalstruktur und wir müssen das | |
Kleinstaatendenken in der Bildung überwinden. | |
Mit welchem Koalitionspartner wollen Sie das umsetzen, wenn es für die | |
absolute Mehrheit doch nicht reichen sollte? | |
Löhr: Wenn wir die Menschen von unseren Konzepten und Perspektiven, an | |
denen wir jetzt arbeiten, überzeugen können, werden wir auch die | |
Möglichkeit zum Regieren haben. Aber eine Koalitionsdebatte führen wir | |
jetzt nicht, weder hinter verschlossenen Türen noch in der Öffentlichkeit. | |
Aber Sie wollen doch nach der nächsten Wahl regieren? | |
Löhr: Ja. Wir wollen dieses Land voranbringen. Darauf werden wir uns | |
vorbereiten. Aber sowohl CDU als auch SPD sind zurzeit orientierungslos und | |
mit sich selbst beschäftigt. Es ist nicht absehbar, dass die in einem Jahr | |
seriöse Partner sein könnten. | |
Aber nähern die sich nicht gerade nicht nur in der Energiefrage den Grünen | |
an? | |
Habeck: Insgesamt wächst die Gesellschaft auf die Grünen zu. Aber die | |
anderen Parteien sträuben sich doch eher, oder? Das wirkt alles verdruckst. | |
Löhr: Ich sehe nicht, dass zum Beispiel die CDU in der Energiepolitik einen | |
Plan hat. Und ich bezweifle, dass da noch einer kommt. Und wenn doch, bin | |
ich nicht sicher, dass der uns gefällt. Atom durch Kohle zu ersetzen, wäre | |
nichts, worauf wir uns einlassen würden. | |
Die SPD debattiert auf ihrem Parteitag heute und morgen über die Querung | |
des Fehmarnbelt: "Ja, aber" oder "Nein, aber". Ist das Einsicht oder | |
Rhetorik? | |
Löhr: Das ist Konzeptlosigkeit. Die SPD merkt, dass ihre Begeisterung für | |
das Milliardenprojekt nach 20 Jahren nicht mehr sexy ist im Land. Mit einer | |
durchdachten Kursänderung hin zu einer modernen und zukunftsfähigen | |
Verkehrspolitik in Schleswig-Holstein und Norddeutschland hat das aber | |
nichts zu tun. Aus unserer Sicht ist das zu wenig. | |
Im Nachbarland Hamburg ist die GAL eine schwarz-grüne Koalition erst | |
eingegangen, hat sie dann platzen lassen und sitzt nun in der Opposition. | |
Welche Erkenntnisse und Lehren ziehen Sie für Schleswig-Holstein daraus? | |
Löhr: Wir haben daraus gelernt, dass Grüne nicht so sehr in Strukturen | |
denken sollten, sondern eben mehr in Inhalten. Bei der Schulreform hatte in | |
Hamburg die Strukturfrage - Primarschule oder Gymnasium - die Fragen nach | |
der Qualität des Unterrichts, nach dem besseren Lernen, überlagert. | |
Habeck: Die strategische Lehre auch aus Hamburg lautet, man sollte sich | |
nicht zu einer Spiegelstrichpartei machen oder machen lassen. So nach dem | |
Motto, wir haben fünf Projekte, wenn wir die durchsetzen, sind wir toll, | |
drei wären okay, bei weniger haben wir versagt. Es muss einen | |
weitergehenden Anspruch auf Perspektiven und gesellschaftliche | |
Prozessgestaltung geben. Dafür braucht man aber nicht nur fünf Maßnahmen, | |
sondern 50. | |
Und einen grünen Ministerpräsidenten Robert Habeck? | |
Habeck: Der aktuelle Zuspruch für die Grünen erklärt sich auch daraus, dass | |
wir uns nicht in Personaldebatten verzetteln. Es richtig zu machen, heißt, | |
es nicht wie die FDP zu machen. | |
8 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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