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# taz.de -- Karrierepläne von Oskar Lafontaine: Der Abschied vom Abschied
> Die Partei rätselt, was ihr Ex-Vorsitzender Oskar Lafontaine will. Die
> Pragmatiker im Osten fürchten sein Comeback, der Westen sehnt sich nach
> seinem konfrontativen Stil.
Bild: Will er oder will er nicht?
BERLIN taz | Der Kommentar des Sprechers der Linksfraktion im Bundestag
klingt lapidar: "Da ist nichts dran", sagt Michael Schlick. Zu der Frage,
ob Oskar Lafontaine in den Bundestag zurückstrebt, gebe es schlicht "keinen
neuen Stand." Und: "Momentan gibt es keine Pläne." Also später vielleicht
doch? Ist das Comeback nur eine Zeitfrage?
Die Versuche, die Karrierepläne von Oskar Lafontaine (68), der derzeit
Fraktionschef seiner Partei im saarländischen Landtag ist, zu erforschen,
ähneln dem, was man zu Zeiten des Kalten Kriegs "Kreml-Astrologie" nannte.
Das waren die stets etwas hilflosen Versuche, aus ein paar Zeichen, die
immer aber auch etwas ganz anderes bedeuten konnten, ein stimmiges Bild von
den Machtverhältnissen in Moskau zu zeichnen.
Ähnlich rätselhaft ist das Spiel mit Andeutungen und Dementis, das die
Linkspartei um ihren Exchef aufführt.
Im Sommer ließ Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, vor
Journalisten die Bemerkung fallen, dass er sich über Lafontaines Rückkehr
freuen würde. Prompt stand das in fast allen Zeitungen. Allerdings war dies
kein strategischer Schachzug, mit dem Gysi Partei und Fraktion auf die
baldige Rückkehr des hassgeliebten Saarländers schon mal vorbereiten
wollte.
## Wagenknecht brachte ihn ns Spiel
Es war nur eine launige Bemerkung, geboren aus Frust über die
verbesserungsfähige Performance des Spitzenduos Klaus Ernst und Gesine
Lötzsch. Die Linkspartei im Westen sehnt sich Lafontaines scharfen,
konfrontativen Stil zurück. Die Pragmatiker im Osten bangen indes, wohin
die Reise dann geht. "Wir würden mit Lafontaine einen linkspopulistischen
"Wir gegen alle"-Wahlkampf erleben", prophezeit ein Pragmatiker. Und
ergänzt böse: "Wir können ja auch Hans Modrow noch mal aufstellen."
Diesmal war der Auslöser der Rückkehrdebatte ein Interview von Sahra
Wagenknecht, Vizevorsitzende der Linkspartei und politisch nahe bei
Lafontaine. Die Frontfrau des linken Flügels hatte der Leipziger
Volkszeitung gesagt, dass Gysi und Lafontaine als Spitzenduo "von der
übergroßen Mehrheit der Linken gewünscht" würden. Überhaupt stehe der
Exparteichef "für den größten Wahlerfolg" der Partei.
## Aber war er je weg?
Doch als strategische Vorbereitung der Rückkehr des großen Vorsitzenden
will Wagenknecht das nicht gemeint haben. Sie habe, so Wagenknecht zur taz,
nicht dessen Rückkehr gefordert, sondern nur "die Tatsache festgestellt,
dass viele dies begrüßen würden". Außerdem habe sie nicht von 2013 geredet,
sondern vom "Fall rascher Neuwahlen". Und: Die Vizeparteichefin bezeichnete
die Debatte in dem Interview als "Sandkastenspiel" - eine Einschränkung,
die wenig Beachtung fand. Bei Spiegel online war die Rückkehr des
Saarländers auf die große Bühne schon faktisch beschlossene Sache.
Eigentlich war Lafontaine nie weg. Er mischt, etwa in Personalfragen,
munter mit. Derzeit versucht er Gysi zu überzeugen, Wagenknecht als
Fraktionschefin an seiner Seite zu akzeptieren. Gysi wehrt sich allerdings,
weil er fürchtet, dass dies die Fraktion spalten wird. "Wagenknecht hasst
uns doch", so ein Vertreter des Reformflügels.
So ist derzeit alles beim Alten. Falls Lafontaine will, wird er an die
Parteispitze zurückkehren. Als Wahlkämpfer ist er nicht zu ersetzen. Aber
unter welchen Bedingungen will er?
4 Oct 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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