# taz.de -- Haben und Nichthaben in den USA: Land der Ungleichheit | |
> Die Einkommen sind gestiegen, doch die Einkommenskluft wächst weiter | |
> rasant. Der Großteil der Bevölkerung hat nichts von den | |
> Einkommensteigerungen. | |
Bild: Gegen Banken und Spekulationen: Occupy-Demonstration in Los Angeles. | |
BERLIN taz | Die da oben von der Wall Street, die bereichern sich immer | |
weiter, während der Großteil der Bevölkerung von der Krise gebeutelt wird. | |
Dieses Gefühl, das viele der Protestierenden in New York und anderen | |
US-Städten antreibt, trügt nicht. Die USA sind ein Land der Ungleichheit. | |
Und die Ungleichheit wächst rasant. | |
Nur auf den ersten Blick sieht die Entwicklung ganz gut aus. Vor Ausbruch | |
der Finanzkrise, von 2006 auf 2007, stiegen die Einkommen durchschnittlich | |
um ordentliche 3,7 Prozent. Doch das ist eben nur der Schnitt. In | |
Wirklichkeit gingen die Zuwächse zum allergrößten Teil an diejenigen, die | |
ganz oben auf der Einkommensleiter stehen. | |
An die Konzernvorstände zum Beispiel, deren Bezüge das 185-Fache eines | |
durchschnittlichen Arbeitnehmerlohns ausmachen. Das oberste eine Prozent | |
der Haushalte erzielte ein Plus von fast 7 Prozent und erhält damit 24 | |
Prozent des gesamten von US-Amerikanern erarbeiteten Einkommens. | |
Aber selbst bei den Bestverdienern machte nur eine kleine Gruppe den großen | |
Reibach. An die Top 0,01 Prozent - 15.000 Haushalte mit einem | |
Jahreseinkommen von über 11 Millionen US-Dollar - gingen mehr als 6 Prozent | |
des Gesamteinkommens. Selbst 1928, als die Ungleichheit scheinbar einen | |
Höhepunkt erreicht hatte, waren es nur 5 Prozent gewesen. | |
Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman warnte schon vor Jahren vor | |
Zuständen wie in den 1920er Jahren, die in den USA als "Gilded Age", als | |
goldenes Zeitalter, bekannt sind. Im New York Times Magazine berichtete er | |
von gigantischen Villen, die er als Teenager auf Long Island bestaunt hat, | |
und stellte sich den Reichtum vor, den man allein für die nötigen | |
Heerscharen von Dienstboten benötigte. | |
Das goldene Zeitalter endete bekanntlich mit dem Crash von 1929 und der | |
darauf folgenden Weltwirtschaftskrise. Erst mit dem Boom der 1990er Jahre | |
und dem Immobilienboom, der sich dem Dotcom-Crash anschloss, erreichten die | |
USA erneut ein "Gilded Age" - das wiederum in der Krise endete. Eine | |
weitere Parallele: Auch in den 20ern gab es eine sich radikalisierende | |
Protestbewegung, mit Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti als bekannten | |
Vertretern. | |
Zum Teil infolge der hohen Einkommen an der Spitze driften auch die | |
Vermögensverhältnisse immer weiter auseinander. 34,6 Prozent des gesamten | |
Vermögens von US-amerikanischen Privathaushalten - Geld, Aktien, Häuser - | |
konzentrieren sich allein beim reichsten Hundertstel der Bevölkerung. | |
Während auf die unteren 90 Prozent der Amerikaner nur 27 Prozent des | |
Gesamtvermögens entfallen, verfügen die obersten zehn Prozent laut dem | |
Washingtoner Institute for Policy Studies über 73 Prozent. In Deutschland | |
sind es dagegen "nur" 61 Prozent des Vermögens. | |
Die neuesten verfügbaren Daten stammen allerdings aus dem Jahr 2007. Das | |
Platzen der Immobilienblase dürfte seither vor allem bei den weniger | |
Begüterten, deren einziges Vermögen oft aus dem Eigenheim besteht, noch | |
weiter an der Substanz gezehrt haben. | |
Das sind die Eltern derer, die jetzt am Liberty Plaza kampieren. Die | |
Superreichen hingegen, das geht aus weltweiten Daten der Beratungsfirma | |
Capgemini und der Investmentbank Merrill Lynch hervor, haben nach einem | |
kurzen krisenbedingten Einbruch 2009 ihre Vermögen wieder kräftig steigern | |
können. | |
4 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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