# taz.de -- Falsche Medikamente: Gefälschtes Viagra ist das neue Heroin | |
> Über das Internet gelangen falsche Pillen unters Volk. Die Schäden sind | |
> nicht nur finanzieller Art - vor allem die gesundheitlichen Folgeschäden | |
> sind enorm. | |
Bild: Männer stehen nur auf das Original - nicht auf die Fälschung. | |
BERLIN taz | Es war für das Ärzteehepaar aus Deutschland einfach zu | |
verlockend. Während des Türkeiurlaubs entdeckten sie die Antibabypille in | |
Originalverpackung für einen Bruchteil des deutschen Preises und schlugen | |
zu. Kurz darauf wurde die Frau in Deutschland schwanger. Der "Schuldige" | |
war schnell gefunden: Die in der Türkei gekaufte Pille war gefälscht und | |
hatte keinerlei Nutzen. | |
"Selbst Ärzte unterschätzen die Gefahren, die von gefälschten Arzneimitteln | |
ausgehen", warnte Wolfgang Schmitz vom Bundeszollkriminalamt Köln am | |
Mittwoch in Berlin. Diese reichten von Wirkungslosigkeit bis hin zu einer | |
Vergiftung. | |
Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass jedes zehnte Medikament | |
weltweit gefälscht ist. Selbst in Deutschland sei jedes hundertste von | |
Ärzten und Apothekern ausgegebene Medikament nicht das Original. Große | |
Vorsicht ist bei Bestellungen im Internet geboten: Dort ist laut WHO jede | |
zweite gehandelte Arznei gefälscht. Besonders beliebt bei Betrügern sei die | |
Potenzpille Viagra. Allein 5 Millionen der kleinen blauen Pillen wurden | |
2010 weltweit beschlagnahmt. | |
Zum Vergleich: 2010 sicherte der deutsche Zoll insgesamt 10 Millionen | |
Tabletten. Einer der Fälscher wurde sogar zu einer fünfjährigen Haftstrafe | |
verurteilt. Mit einem falschen Kilogramm Viagra macht man etwa hundertmal | |
so viel Profit wie mit einem Kilogramm Heroin. | |
## Besondere Vorischt beim Kauf im Internet | |
"Die gefälschten sind von den echten Produkten kaum noch zu unterscheiden", | |
sagte Schmitz. Ihr Schaden dagegen sei immens: Von den Imitaten enthielten | |
16 Prozent einen falschen Wirkstoff, 17 Prozent eine falsche Menge und 50 | |
Prozent gar keinen Wirkstoff. Um sicherzugehen, sollten Verbraucher | |
Medikamente lieber in der Apotheke vor Ort kaufen. Dort sei das Risiko | |
relativ gering, an gefälschte Produkte zu geraten. Bei Bestellungen über | |
das Internet sei Vorsicht geboten. | |
Wenn rezeptpflichtige Medikamente im Internet gekauft werden können, ohne | |
dass ein Rezept verlangt wird, sollte man misstrauisch werden. Um auf | |
Nummer sicher zu gehen, sollte man sich auf den Seiten des deutschen | |
Apothekerverbandes und beim Bundesverband Deutscher Versandapotheken | |
informieren. Dort gibt es eine Liste mit geprüften Versandapotheken. | |
5 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Franz Nestler | |
## TAGS | |
Depression | |
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