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# taz.de -- Kommentar Regierung in Lettland: Lieber rechtsextrem als Versöhnung
> Das linke "Harmonie"-Bündnis hat in Lettland die Wahl gewonnen. Doch
> regiert wird das Land von einer Koalition, die Rechtsextreme hofiert und
> die ethnische Spaltung vorantreibt.
Man kann verstehen, dass die Jahre der Sowjetherrschaft in Lettland ihre
Spuren hinterlassen haben. Man kann verstehen, dass es deshalb für
Politiker nicht so ganz einfach ist, eine Partei an der Regierung zu
beteiligen, in der auch Teile der alten Nomenklatura eine neue politische
Heimat gefunden haben.
Wenn aber nun der klare Sieger der Wahl im September, das linke
"Harmonie-Zentrum", erneut in die Opposition verbannt wird, weil es eben
auch die starke russische Minderheit im Lande repräsentiert, wurde eine
historische Chance vertan, die nach 20 Jahren Unabhängigkeit noch immer
verbliebenen ethnischen Gräben endlich zuzuschütten.
Ein einfacher Koalitionspartner wäre das Bündnis aus einer
sozialdemokratischen und einer sozialistischen Partei für den künftigen
rechtsliberalen Regierungschef Dombrovskis nicht gewesen. Nicht, weil es
eine "Russen-Partei" ist, sondern wegen einer wirtschafts- und
sozialpolitischen Programmatik, die meint, dass nicht unbedingt die
Schwächsten in der Gesellschaft die Hauptlast der Folgen der katastrophalen
Finanz- und Wirtschaftskrise tragen müssen.
Doch der "Harmonie"-Vorsitzender Ušakovs hat sich seit 2009 als
Oberbürgermeister der Hauptstadt Riga – in der jeder dritte Lette wohnt –
als Pragmatiker gezeigt und damit Koalitionsfähigkeit bewiesen.
Seiner Partei auf nationaler Ebene weiterhin die Regierungsreife
abzusprechen ist besonders unverständlich, wenn man die jetzige Alternative
sieht. Zwar ist erfreulicherweise zum ersten Mal seit 16 Jahren keine
Marionettenpartei der Wirtschaftsoligarchen mehr an der Macht.
Doch offenbar aus Angst ansonsten Stimmen nach rechts zu verlieren, holte
sich Dombrovskis statt "Harmonie" lieber eine unappetitliche
Rechtsaußenpartei ins Boot. Die noch vor einigen Tagen den Mitkoalitionär
Zatlers wegen seiner Bereitschaft mit "Harmonie" zu koalieren als
"Landesverräter" beschimpfte, der sich mit "russischen und jüdischen
Verbrechern" liieren wolle.
Was sagt man eigentlich in Brüssel zu so einer Regierungspartei in einem
EU-Land?
11 Oct 2011
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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