# taz.de -- Neues Militär-Museum in Dresden: Mensch gegen Mensch | |
> Das neu gestaltete Militärhistorische Museum zeigt seelische Abgründe und | |
> logistische Perfektion. Es ist nichts für Ballerfans, eher für | |
> Antwortsuchende. | |
Bild: Nachdenken über organisierte Gewalt. | |
DRESDEN taz | Den Schrecken in museale Sterilität entrücken, die Perfektion | |
des Massentötens als Ingenieurskunst sublimieren – so kann heute niemand | |
mehr Militärgeschichte präsentieren. Das architektonisch wie konzeptionell | |
grundlegend neu gestaltete Militärhistorische Museum Dresden, das am | |
Freitag eröffnet wurde, ist denn auch alles andere als ein Mekka für | |
Militaria-Fans. | |
Es ist sogar eher ein Museum vom Menschen und seinen Abgründen als eine | |
Schau der Vernichtungstechnik. Besucher, die nach den Eröffnungsreden von | |
diesem Wochenende an eingelassen werden, dürften zu einem Teil heilsam | |
enttäuscht werden. Architektur und Konzept bilden eine Einheit. | |
Denn Krieg und neoklassizistische Symmetrie des 1873 errichteten ehemaligen | |
Arsenalgebäudes der Dresdner Albert-Militärstadt passen eigentlich nicht | |
zusammen. Horizontal und vertikal durchschneidet der von Daniel Libeskind | |
entworfene Keil aus Stahl, Glas und Beton das langjährige Armeemuseum. Bis | |
in die Gestaltung der Räume und Vitrinen wird das Keil-Prinzip fortgeführt. | |
40,1 Grad spitz, der Winkel des Dresdner Bombenteppichs vom 13.Februar | |
1945, der Winkel des Krieges. | |
## Raum zum Nachdenken | |
Der Aussichtspunkt auf Dresden und der Raum an der Spitze des 30 Meter | |
hohen Keils sind denn auch die symbolträchtigsten des Hauses. Von | |
Brandbomben durchlöchertes Dresdner Pflaster steht neben solchem aus dem | |
polnischen Wielen vom Tag des Kriegsausbruchs 1939 und einer zerstörten | |
Statue aus Rotterdam. | |
Libeskind wollte „einen Raum zum Nachdenken über organisierte Gewalt | |
schaffen“, berichtet dessen Europabeauftragter Joachim Klein. So steht im | |
Leitmuseum der Bundeswehr nichts ohne Kontext, ohne Einordnung in | |
politische und gesellschaftliche Zusammenhänge. Das schließt die | |
Präsentation einiger teils aus der früheren Ausstellung übernommener | |
Attraktionen nicht aus. | |
Darunter der „Brandtaucher“ Wilhelm Bauers von 1850 als erstes U-Boot, eine | |
V2 oder die Original-Sojus-Landekapsel des DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn. | |
Neben der auf den Altbau konzentrierten historisch-chronologischen | |
Ausstellung ist es aber vor allem der Themenparcours des Keils, der Leid | |
und Zerstörung nahe bringt. So sinnlich, dass man sogar Pulverdampf und | |
Brandgeruch eines Schlachtfeldes schnuppern kann. | |
## Kampf und Psychoanalyse | |
Dem Auftrag des Museums entsprechend liegt der Schwerpunkt des historischen | |
Teils auf der Konfrontation der Weltsysteme nach 1945. Die Züricher | |
Gestalter Barbara Holzer und Tristan Kobler setzen unter anderem auf | |
„sprechende Bilder“, darunter ein in Afghanistan zerschossene Jeep der | |
Bundeswehr. | |
Vieles in der neuen Ausstellung spricht das Gemüt an, ja rührt an die | |
Psychoanalyse. Der Hang zur Formation gehört ebenso dazu wie die | |
ausführlich dokumentierte Lust am Kriegsspiel. Immer wieder wird der | |
Besucher jedoch mit den Kehrseiten vermeintlichen Heldentums konfrontiert. | |
Zehn Jahre Umbauzeit und 65 Millionen Euro Kosteneinsatz haben sich | |
gelohnt. | |
16 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sachbuch über Deutsche Kriege: Was sagen, Mr. Minister? | |
"Zeit"-Redakteur Bernd Ulrich präsentiert in Berlin sein Buch "Wofür | |
Deutschland Krieg führen darf. Und muss". Mit reichlich Hybris - im Beisein | |
von Verteidigungsminister Thomas de Maizière. | |
Vom Kultbild zum Abbild: Die Wirklichkeit der Pfeffersäcke | |
Als die Kunst begann, alles Heilige auf die dem Kaufmannsgeist fassbare | |
Realität herunter zu brechen: In Hamburg zeigt das Bucerius Kunstforum | |
Frührenaissance. | |
taz-RedakteurInnen bereuen: Die Geschichte, die ich schrieb | |
aber es lieber hätte sein lassen sollen. Es gibt im Laufe eines | |
AutorInnenlebens Texte, die man nach bestem Wissen und Gewissen | |
recherchiert und aufschreibt. Und es trotz aller Mühe hinterher bereut. | |
Zwei Erfahrungen. | |
Ausstellung in Hamburg: Der große Bilddiskurs | |
Ordnungs- und Wahnsysteme auf fünf Stockwerken: Die Ausstellung "Atlas" | |
arbeitet sich an 200 Jahren Kulturgeschichte ab - und an grundsätzlichen | |
Fragen. | |
Fotoausstellung des Finnen Jaakko Heikkilä: Der Mann mit der langsamen Kamera | |
Immer wieder befasst sich der Finne Jaakko Heikkilä mit Rändern und Grenzen | |
und Dingen, die im Verschwinden begriffen sind. Zu sehen sind seine | |
Arbeiten jetzt in Kiel. |