Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Interview Platzbesetzer der Occupy-Bewegung: "Wir haben keine richt…
> Matt Crosby, Platzbesetzer in Washington, über Ziele, Vorbilder und
> Struktur der Occupy-Bewegung. Und über das Gefühl, dass plötzlich möglich
> ist, was vor Kurzem noch undenkbar schien.
Bild: Freundliche Bewegung: OWS-Aktivisten im New Yorker Zuccotti-Park.
taz: Herr Crosby, einige Republikaner nennen Ihre Bewegung sozialistisch
oder kommunistisch. Was sagen Sie dazu?
Matt Crosby: Ich grinse freundlich. Ich glaube, dass es Dinge im
Kommunismus gibt, die Wert haben. Und Teile aus dem Sozialismus können
übernommen werden. Aber ich glaube nicht, dass ein Allheilmittel existiert.
Andere vergleichen Ihre Bewegung mit der Tea Party.
Das klingt griffig. Ist aber falsch. Denn die Tea Party ist sich sicher,
die richtige Antwort zu kennen. Wir wissen nur, dass es Dinge gibt, die
falsch sind. Außerdem ist die Tea Party xenophob.
Aber was ist Ihr Ziel?
Das ist symptomatisch: Sobald jemand eine Frage stellt, wollen die Leute
gleich die Antwort hören. Darum lassen wir Konzerne und Institutionen
entscheiden, weil sie effizienter sind.
Wenn sich Menschen in Kälte und Regen auf einem Platz niederlassen, müssen
sie doch wissen, warum sie das tun.
Wir haben keine Hierarchie. Ich kann nur für mich sprechen.
Gut. Warum sind Sie hier?
Das ändert sich ständig. In diesem Moment sind es: Bildung, Obdachlosigkeit
und politisches Bewusstsein. Ich will sagen: Ich bin nicht damit
einverstanden, wie die Welt funktioniert. Außerdem muss die repräsentative
Demokratie in Amerika neu definiert werden. Die Politik repräsentiert nicht
die Bürger.
Was ist die Ursache der Probleme? Das Wirtschaftssystem?
Gier. Das ist die Motivation.
Gibt es ein Mittel dagegen?
Vor zwei Wochen hätte ich geantwortet: Nein. Aber jetzt tue ich meinen Teil
dazu, dieses System zu ändern. Dieses ist meine letzte Gelegenheit, das
Gute zu finden. Denn ich spüre, dass die Menschheit auf einem negativen
Pfad von Gier und Krieg ist. Und ich glaube, dass diese Bewegung die
Möglichkeit hat, die Strippenzieher der Welt zu nötigen, weniger gierig zu
sein.
Wie kamen Sie zur Bewegung?
Im Juli habe ich im Internet von Occupy Wall Street erfahren. Mich haben
die Bewegungen am Tahrirplatz und in Tunesien sehr interessiert. Aber ich
dachte, in den USA kann das nicht funktionieren.
Warum nicht?
Sie wollten den Status quo ändern. Das fand ich unrealistisch. Vielleicht
hätten manche armen Amerikaner gern einen BMW, den sie sich nicht leisten
können. Aber immerhin haben sie einen Lexus. Solange Menschen Unterhaltung
bekommen, gehen sie nicht auf die Straße.
Wie kam es, dass Sie Ihre Skepsis gegenüber der Occupy-Bewegung überwunden
haben?
Ich kam zuerst mit meiner Kamera. Als Voyeur. Und bin zu der Freedom Plaza
gegangen …
… dem wenige Blocks entfernten, eher von älteren Aktivisten besetzen Platz
in Washington.
Genau. Aber das fand ich langweilig. Am Abend kam eine andere Gruppe von
Demonstranten vorbei. Sie waren viel weniger zahlreich und viel jünger. Sie
zogen zum Newseum, setzten sich auf die Straße, sangen und tanzten. Ich
haben gefilmt. Dann bin ich selber geblieben.
Spüren Sie Unterstützung?
Ja. Oft sagen mir Leute, die zum Platz kommen: "Ich muss zur Arbeit. Aber
was kann ich tun?"
Woher kommt die Sympathie?
Die Leute spüren, dass vieles so, wie es ist, falsch ist. Aber sie wissen
nicht, was sie tun können. Wenn sie uns sehen oder Occupy Wall Street oder
Dallas, dann lieben sie es. Da steht jemand auf und sagt etwas - auch wenn
sie es nicht immer verstehen.
Immer mehr Parteien und Organisationen versuchen, Ihre Bewegung zu
vereinnahmen. Beunruhigt Sie das?
Solange ich hier bin, wird es ihnen nicht gelingen.
Überschätzen Sie sich da nicht?
Erst heute wollten gewisse Leute den linken Flügel der Demokraten im
Kongress zu uns auf den Platz einladen. In der Vollversammlung haben wir
Nein gesagt. Bei uns kommt die Macht von unten. Persönlich bleibe ich so
lange auf dem Platz, wie wir eine Volksbewegung sind und nicht durch
Parteien, Kirchen oder Non-Profit-Organisationen vereinnahmt werden.
Ist das Konsens?
Es kommen jeden Tag neue Leute auf den Platz. Viele sehen das genauso wie
ich, viele nicht.
Wann ist die Besetzung für Sie erledigt?
Ich weiß es nicht.
14 Oct 2011
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Referenden in Mississippi und Ohio: Für Streikrecht und Selbstbestimmung
Zwei konservative Gesetzesinitiativen gegen Gewerkschaften und Abtreibungen
werden abgelehnt. Die politische Stimmung in den USA scheint sich zu
drehen.
Occupy-Bewegung: Die Verstärker in der Massenkommunikation
300 Menschen sitzen vor dem Reichstag und debattieren. Dabei lernt selbst
die Polizei noch etwas dazu.
Demos gegen Banken und Sparzwänge: Bewegte Welt
Die Proteste beim weltweite Aktionstag verliefen größtenteils friedlich.
Hunderttausenden demonstrierten in 82 Ländern und 951 Städten gegen die
Macht der Banken.
Occupy Wall Street: Oh Sh*t. Das Volk is da
Am Tag 27 der Besetzung demonstrieren wieder Tausende in New York. Um sich
an die Gesetze zu halten, bleiben sie auf den Trottoirs. Doch die Polizei
verhaftet wieder 80.
Krisenproteste in den USA: Nun trifft es den Bullen
Im Ursprungsort der neuen globalen Protestwelle stehen nun die privaten
Wohndomizile der Vermögenden "1%" im Visier der DemonstrantInnen.
Kommentar "Occupy Wall Street": Ein vielversprechender Anfang
Die Zeit des paralysierten Ausharrens ist vorbei. Gerade viele junge
Menschen nehmen es nicht länger hin, dass mit ihrer Zukunft gespielt wird.
"Occupy Wall Street" in 80 Ländern: Samstag Weltrevolution
In 80 Ländern haben Kapitalismuskritiker für diesen Samstag Proteste
angekündigt. Dabei unterscheidet sich die Situation in den einzelnen
Ländern gewaltig.
Proteste in Manhattan: Der Spirit ist wieder da
So eine Gegenkultur, wie sie derzeit im Bankenviertel von Manhattan
entsteht, gab es zuletzt in den Sechzigern. Noch immer ist sie Nährboden
für politischen Protest.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.