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# taz.de -- Vetternwirtschaft in Großbritannien: Die Affäre Fox zieht weitere…
> Nach dem Rücktritt des Verteidigungsministers werden weitere Details
> bekannt. So soll Fox enge Kontakte zu einem US-Financier der Tea Party
> gehabt haben.
Bild: Jetzt dürfte ihm das Lachen vergangen sein: Ex-Verteidigungsminister Lia…
DUBLIN taz | Der Plan des britischen Premierministers David Cameron, nach
dem Rücktritt seines Verteidigungsministers einen Schlussstrich unter die
Affäre zu ziehen, ist nicht aufgegangen. Der 50-jährige Schotte Liam Fox
hatte sein Amt am Freitag aufgegeben, nachdem immer mehr Details über
Vetternwirtschaft und dubiose Auslandsreisen bekannt geworden waren.
So hatte Fox seinen Freund und Trauzeugen, den Rüstungslobbyisten Adam
Werrity, auf 19 Auslandsreisen mitgenommen, bei denen unter anderem über
Rüstungsgeschäfte verhandelt wurde. Obwohl Werrity kein offizielles Amt
bekleidete, gab er sich auf seinen Visitenkarten als "Berater des
Verteidigungsministers" aus.
Der 34-Jährige ging zudem in Fox Ministerialbüro ein und aus. Von dort
leitete er die von Fox gegründete, inzwischen von den Kuratoren aufgelöste
Wohltätigkeitsorganisation Atlantic Bridge. Fox kandidierte 2005 für das
Amt des Tory-Chefs, unterlag Cameron jedoch deutlich. Der nahm ihn nach dem
Wahlsieg voriges Jahr ins Kabinett auf, um den rechten Parteiflügel bei der
Modernisierung der Tories bei der Stange zu halten.
## Peinliches Szenario für Cameron
Wie rechts Fox ist, deckte der Observer am Wochenende auf. So pflegte
Atlantic Bridge enge Beziehungen zu US-Lobbyisten aus der
Rüstungsindustrie. Die angebliche Wohltätigkeitsorganisation ging eine
Partnerschaft mit dem American Legislative Exchange Council ein, einer
mächtigen Lobby-Organisation, die von der Pharma-, Rüstungs- und
Ölindustrie finanziert wird. Einer der großzügigsten Geldgeber ist Charles
Koch, der die rechte Tea Party finanziert und Millionen Dollar an Leugner
des Klimawandels verteilt.
Für Cameron ist das ein peinliches Szenario, das nicht nur bei der
Labour-Opposition, sondern auch beim eigenen Koalitionspartner, den
Liberalen Demokraten, Fragen aufgeworfen hat. Schließlich hat sich Cameron
in Norwegen mit Schlittenhunden ablichten lassen, um den Tories mühsam ein
grünes Image zu verpassen, während sein halbes Kabinett mit den Gegnern des
Umweltschutzes liiert war.
Neben dem Gründer Fox gehörten auch Außenminister William Hague,
Schatzkanzler George Osborne, Staatssekretär Chris Grayling und
Bildungsminister Michael Gove Atlantic Bridge an. Deren Ziele - die
Liberalisierung der Gesundheitsdienste und die Deregulierung des
Energiesektors - stoßen beim rechten Tory-Flügel auf Zustimmung.
## Bezahlt von der Rüstungsindustrie
Als Wohltätigkeitsorganisation genoss Atlantic Bridge
Steuervergünstigungen, musste sich aber an strikte Regeln halten und durfte
keine geschäftlichen Interessen verfolgen. Nachdem die Aufsichtsbehörde
zahlreiche Verstöße aufgelistet hatte, lösten die Treuhänder Atlantic
Bridge auf. Bis dahin war Werrity, der Direktor, von einflussreichen
Geschäftsleuten aus der Rüstungsindustrie bezahlt worden.
Mitte Juni arrangierte Werrity ein Treffen in Dubai zwischen Fox und Harry
Boulter, dem Geschäftsführer des Porton-Investmentfonds. Boulters
Unternehmen hatte gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium eine
Technologie erarbeitet, um das Krankenhausbakterium MRSA, an dem allein in
den USA knapp 20.000 Menschen im Jahr sterben, frühzeitig zu erkennen. Das
Patent hatte man an den US-amerikanischen Technologiekonzern 3M verkauft,
der für die Post-it-Haftzettel bekannt, aber auch im medizinischen Bereich
aktiv ist.
3M weigerte sich jedoch, den vollen Kaufpreis in Höhe von 41 Millionen
Pfund zu zahlen, weil der Test nicht funktionierte. Boulter und Fox
sprachen darüber in Dubai, was Fox jedoch erst einräumte, nachdem der
Guardian Zeugen dafür beibrachte. Boulter versuchte am nächsten Tag, den
US-Konzern zur Zahlung zu bewegen: Falls 3M nicht zahle, so schrieb er in
einer Mail, werde sich die Cameron-Regierung überlegen, ob sie dem
britischen 3M-Chef George Buckley den Adelstitel aberkenne. 3M verklagte
Boulter wegen Erpressung.
16 Oct 2011
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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