# taz.de -- Vorwahlen der Sozialisten in Frankreich: Hollande soll Präsident w… | |
> Der ehemalige Chef der französischen Sozialisten, Hollande, hat die | |
> Nominierung als Präsidentschaftskandidaten gewonnen. Dem ging ein | |
> hitziger Wahlkampf voran. | |
Bild: "Mit den anderen" gewonnen: François Hollande. | |
PARIS taz | Die Spannung hielt nicht lange an beim Auszählen der Stimmen in | |
diesem Wahlduell unter Genossen. Der ehemalige Parteichef François Hollande | |
siegte im Finale um die Nominierung des sozialistischen | |
Präsidentschaftskandidaten laut Hochrechnungen mit rund 56% klar über seine | |
Nachfolgerin Martine Aubry (44%). | |
Wie schon in der ersten Runde am letzten Sonntag waren diese erstmals in | |
dieser offenen Art organisierten "Primärwahlen" der französischen | |
Sozialisten ein Publikumserfolg. Im Vergleich zum ersten Durchgang mit 2,6 | |
Millionen Wahlteilnehmern war dieses Mal die Beteiligung sogar noch größer | |
und erreichte fast drei Millionen. Das beweist, dass die Nachfrage der | |
Bürger nach Transparenz und Mitbestimmung groß ist. | |
Vielleicht hatte der Erfolg des ersten Durchgangs noch zusätzlich Werbung | |
für diese neue Art der Kandidatenkür gemacht. In den Medien war zum Ärger | |
der konservativen Regierungspartei UMP, die mit dem jetzigen Staatschef | |
Nicolas Sarkozy schon ihren Kandidaten – und keine Wahl – hat, nur noch | |
davon die Rede. | |
## Hitzig ausgetragenes Finale | |
Die Schlussphase des Wahlkampfs zwischen den beiden Finalisten Hollande und | |
Aubry war recht hitzig ausgetragen worden. Hollande lag zwar mit 39,4% | |
gegenüber 30,6% für Aubry eigentlich in Führung, er war auch darum Favorit, | |
weil alle Ausgeschiedenen – Valls, Royal, Baylet und Montebourg – für ihn | |
stimmten. Dennoch galt der Ausgang der Stichrunde als unberechenbar. | |
Und weil die programmatischen Differenzen zwischen den beiden nach | |
allgemeiner Einschätzung sehr gering sind, endete dieser Kampf um Punkte | |
mit persönlichen Angriffen und sogar Schlägen unter der Gürtellinie. Aubry | |
wollte ihren Rivalen als "Weichling" diskreditieren, und sich selber im | |
Unterschied dazu als hart gesottene Linke verkaufen, die es eher mit | |
Sarkozy aufnehmen würde. | |
Diese Angriffe auf den Parteikollegen dürften aber die Bürgermeisterin von | |
Lille, die vom linken Flügel der Partei und inoffiziell auch von den | |
Kommunisten und den Grünen unterstützt wurde, eher geschadet haben. Die | |
Mehrheit der Sympathisanten schätzen es gar nicht, wenn sich die | |
Sozialisten unter sich öffentlich streiten. Im Lager von Hollande hieß, | |
Aubry liefere mit ihrer Polemik der rechten Gegenseite unnötig Argumente. | |
Einer seiner Mitstreiter ließ sich zu einer Polemik hinreißen, indem er | |
suggerierte, Aubry habe die heimliche Unterstützung der Rechtspopulistin | |
Marine Le Pen. Damit stand es in der Schlammschlacht 1:1. | |
## Ein Sieg "mit den anderen" | |
Das soll nun aber alles vergessen sein. Nach geschlagener Wahlschlacht | |
wollen sich die beiden und ihre Mitstreiter zusammenraufen. Aubry hatte | |
bereits angekündigt, sie werde eine loyale Verliererin sein. Sie lieferte | |
den Beweise dafür, in dem sie an der Seite von Hollande vor die | |
begeisterten Anhänger trat, wo sich die beiden unter tosendem Applaus den | |
Kuss der Versöhnung auf die Wange gaben. | |
Hollande meinte sehr fair, er habe nicht einen Sieg "gegen andere" | |
errungen, sondern "mit den anderen". Die Stimmung vor der Parteizentrale | |
erreichte ihren Höhepunkt. Aubry akzeptierte anstandslos ihre Niederlage, | |
sie übernimmt ab sofort wieder den Vorsitz der Partei, sich nun | |
uneingeschränkt in den Dienst der Präsidentschaftskampagne stellen werde: | |
"Unser gemeinsames Programm hat numehr einen namen, den unseres Kandidaten | |
François Hollande", sagte sie. | |
Dieser hatte sich bereits während seiner Vorwahlkampagne ganz die Rolle des | |
zukünftigen Präsidenten versetzt und den Franzosen den von vielen erhofften | |
Wechsel und das Ebnde der Sarkozy-Ära versprochen. Er gilt zurzeit laut | |
Umfragen im Fall einer Stichwahl gegen Sarkozy im Mai 2012 als klarer | |
Favorit. | |
17 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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