# taz.de -- KFOR räumt serbische Barrikaden: Katz-und-Maus-Spiel im Kosovo | |
> Die internationale Friedenstruppe KFOR räumt serbische Barrikaden im | |
> Norden des Kosovo. Die Kosovo-Serben fühlen sich überrumpelt und sprechen | |
> von Zwangsintegration. | |
Bild: Kerzen für die KFOR – die Stimmung im Nordkosovo ist dennoch angespann… | |
BELGRAD taz | Am Donnerstag im Morgengrauen setzt sich die internationale | |
Friedenstruppe KFOR in Bewegung. Der Befehl: Räumung serbischer | |
Straßensperren im Nordkosovo. Als die Serben Alarm schlagen und sich aus | |
den nahe gelegenen Dörfern immer mehr Menschen an den rund um die Uhr | |
besetzten Barrikaden versammeln, setzt die KFOR ein wenig Tränengas ein und | |
wartet ab. | |
In den Orten Jagnjenica und Zupca oder an den umstrittenen Grenzübergängen | |
Jarinje und Brnjak sitzen Hunderte Serben vor Barrikaden aus Lkws, | |
Baumstämmen und Steinen, zum Teil zementiert, und singen patriotische | |
Lieder; ihnen gegenüber stehen Nato-Soldaten in voller Kampfausrüstung und | |
mit Kampfwagen. Die Lage sei "angespannt, doch ruhig", melden serbische | |
Medien um die Mittagszeit. | |
Aber für KFOR-Kommandant Erhard Drews ist die Lage unhaltbar. Es sei auf | |
Dauer absolut inakzeptabel, dass sich die KFOR-Soldaten in den Basen im | |
Nordkosovo wegen serbischen Straßensperren aus der Luft versorgen müssten, | |
sagte der deutsche Generalmajor. | |
Das Katz-und-Maus-Spiel mit der Nato, das sich nur allzuleicht in eine | |
offene Konfrontation mit fatalen Folgen verwandeln könnte, muss beendet | |
werden. Die KFOR gab den Kosovo-Serben eine Frist bis Montag, um die | |
Straßensperren zu räumen. Auf Ansuchen der lokalen serbischen Führer wurde | |
sie erneut um zwei Tage bis Mittwoch verlängert. | |
## Serben fühlen sich überrumpelt | |
Gerade als sich die Kosovo-Serben nach einem Wink aus Belgrad bereit | |
erklärten, der KFOR "unter gewissen Bedingungen" den Weg frei zu machen, | |
nicht jedoch die Barrikaden zu räumen, forderte das KFOR-Kommando ultimativ | |
volle Bewegungsfreiheit auch für die EU-Kosovo-Mission Eulex und "alle | |
andere Vertreter der internationalen Gemeinschaft". | |
Niemals, schrien die Serben enttäuscht auf, man sei überrumpelt worden, von | |
der Eulex sei bei den Verhandlungen über die freie Versorgung der KFOR | |
nicht die Rede gewesen. | |
Allerdings war uneingeschränktes Handeln der Eulex im Nordkosovo eine der | |
Bedingungen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel an Serbien stellte und von | |
der der EU-Kandidatenstatus des Landes abhängig gemacht werden sollte. Aus | |
serbischer Sicht scheint es, der deutsche General Drews würde die Befehle | |
seiner Regierungschefin durchführen und das "statusneutrale" Mandat der | |
KFOR missachten. Man spricht von einer "Zwangsintegration" der Serben in | |
das Kosovo, das weder sie noch Belgrad als unabhängigen Staat anerkennen. | |
Auch in Belgrad herrscht Alarmzustand. Serbiens Staatspräsident Boris Tadic | |
rief sowohl KFOR und Eulex als auch die Kosovo-Serben zum Gewaltverzicht | |
auf. Doch die dissonanten Töne aus dem Mutterland, das die Kontrolle über | |
die lokalen Parteiführer verliert, verunsichern die isolierten | |
Kosovo-Serben. Derzeit wollen die Vertreter serbischer Kosovo-Gemeinden | |
nicht einmal mehr das umsetzen, worauf sich Belgrad und Prishtina in einem | |
von der EU vermittelten Dialog geeinigt hatten. | |
20 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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