# taz.de -- Kommentar Eurorettung: Ein Akt unfreiwilliger Souveränität | |
> Es sieht nicht gut aus in Europa. Doch eine Hoffnung bleibt: Dass die | |
> Regierungen dem Druck der Finanzmärkte mit einem Befreiungsschlag | |
> begegnen. | |
Als Desaster wird die Verschiebung der Gipfelentschlüsse zur Griechenland- | |
und Eurorettung weltweit gewertet. Auf dem Spiel stehen Wohlstand und | |
Zusammenhalt von ganz Europa, die Schicksalsglocken läuten stündlich - und | |
Angela Merkel und Nicolas Sarkozy können noch nicht einmal termingerecht zu | |
Ende streiten? | |
Natürlich ist der Beschluss, sich drei Tage länger über die Ausgestaltung | |
des Rettungsfonds EFSF zu prügeln, das Gegenteil des "klaren Signals an die | |
Finanzmärkte", das am laufenden Meter gefordert wird. Gerade deshalb könnte | |
man den Aufschub aber auch als traurigen Restnachweis dessen bezeichnen, | |
was die Bürger in der Finanzkrise so schmerzlich vermissen: politische | |
Souveränität. | |
Merkel und Sarkozy blamieren sich natürlich nicht freiwillig. Und, schon | |
klar - sollten die Börsen dies am Montagmorgen mit Kursabstürzen | |
quittieren, war der Preis für die Entscheidungsdauer erneut hoch. Ja, jede | |
Stunde Diskussion erhöht die Spekulationsfreude in den Händleretagen und | |
damit die Summe, die an die Front geworfen werden muss. | |
Doch stapelt sich im Rettungsdrama Dilemma auf Dilemma. Jede Summe, die | |
groß genug ist, die Finanzmärkte zu beruhigen, beunruhigt im selben Maße | |
die Steuerzahler. Wenn Griechenland nicht zu Frankreichs Bedingungen | |
gerettet wird, muss Frankreich womöglich als Nächstes seine Banken retten | |
und Deutschland im Anschluss Frankreich. | |
Wenn Griechenland zu Deutschlands Bedingungen - mit dem "Hebel" - gerettet | |
wird, vergrößern sich die Risiken freilich auch. Schließlich schützt die | |
Hebellösung die Regierungen nicht davor, dass die Käufer der | |
Staatsanleihen, sprich die Banken, nach Staatsknete rufen werden, sollte es | |
zu Kreditausfällen kommen. | |
Eine Hoffnung bleibt bei alldem übrig: Dass die Regierungen den Druck der | |
Finanzmärkte so unerträglich finden, dass sie sich zum Befreiungsschlag | |
gezwungen sehen. Wäre eine von Europa durchgesetzte Regulierung der | |
Finanzmärkte am Ende, irgendwann, der Ertrag - das Warten von Sonntag bis | |
Mittwoch hätte sich gelohnt. | |
21 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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