# taz.de -- Koalition vor Euro-Abstimmung: Mehrheit herbeireden | |
> Schwarz-Gelb erwartet eine Mehrheit für den Rettungsschirm EFSF - aber | |
> wohl keine Kanzlermehrheit. Unionsgeschäftsführer Altmaier warnte die | |
> Opposition vor "machttaktischen Spielchen". | |
Bild: Es werden wohl genügend für den EFSF sein: Bundestagsabgeordnete bei de… | |
BERLIN dpa | Die Spitzen von Union und FDP rechnen bei der Abstimmung des | |
Bundestags über die neuen Instrumente für den Euro-Rettungsschirm EFSF mit | |
einer klaren schwarz-gelben Mehrheit. In der Koalition wurde versucht, | |
Erwartungen an eine erneute Kanzlermehrheit am Mittwoch zu dämpfen. Auch | |
bei den Spitzenpolitikern der Opposition wurde dies nicht mehr so deutlich | |
gefordert wie bei der ersten Abstimmung über den EFSF Ende September. Ob | |
die Opposition zustimmen wird, war zunächst noch offen. | |
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte: "Ich rechne ganz fest mit | |
einer eigenen Mehrheit der Koalition". Die Frage nach der politisch | |
wichtigen Kanzlermehrheit stelle sich aber nicht. Er forderte die | |
Opposition auf, ebenfalls mit Ja zu stimmen und Verantwortung für | |
Deutschland, Europa und den Euro zu zeigen. Aus Sicht der FDP seien die | |
Bedingungen erfüllt, dass es bei der deutschen Haftung von 211 Milliarden | |
Euro bleibe, der EFSF keine Banklizenz bekomme und der Bundestag vor | |
Gipfelbeschlüssen befasst sei, sagte Lindner weiter. | |
Ähnlich argumentierte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Eine | |
Kanzlermehrheit sei für die Abstimmung nicht unbedingt nötig, sagte sie. | |
"Es geht ja nicht um die Wahl des Kanzlers, wir brauchen eine Mehrheit im | |
Bundestag." Selbst wenn die Kanzlermehrheit verfehlt werde, werde Merkel | |
nicht geschwächt zum Gipfel nach Brüssel fahren. "Die Bundeskanzlerin | |
braucht die Rückendeckung des Parlaments. Die wird sie mit Sicherheit | |
haben." | |
Hasselfeldt betonte, dass auf dem EU-Gipfel an diesem Mittwoch in Brüssel | |
noch nicht endgültig über die Leitlinien zur Stärkung des | |
Euro-Rettungsschirms entschieden wird. In Brüssel werde zunächst über die | |
Grundsätze entschieden, damit der EFSF effizienter werde. Anschließend | |
werde nicht nur mit anderen Ländern weiterverhandelt, sondern | |
beispielsweise auch mit möglichen Investoren. Auf dieser Grundlage würden | |
dann auch die Leitlinien endgültig formuliert. | |
## Opposition soll mitmachen | |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, | |
rief die Opposition zu Gemeinsamkeit bei der Abstimmung auf. Es gehe um ein | |
überzeugendes Signal, dass Deutschland zu seinen europäischen | |
Verpflichtungen stehe. Er warnte vor "machttaktischen und parteitaktischen | |
Spielchen". Altmaier machte deutlich, dass er von einer eigenen | |
schwarz-gelben Mehrheit beim Votum ausgehe. "Ich bin überzeugt, dass die | |
Koalition ihren Antrag verabschieden wird." | |
Hasselfeldt nannte keinen genauen Zeitrahmen bis zur Entscheidung über die | |
Leitlinien, mit denen der Euro-Rettungsfonds schlagkräftiger gemacht werden | |
soll. Es werde jedoch "nicht in wenigen Tagen sein, dazu braucht es noch | |
länger". Dann müsse auch nur noch der Haushaltsausschuss grünes Licht | |
geben. Lindner sagte, die aufgeregte Debatte über riskante Hebel beim EFSF | |
gehe am Kern vorbei. Die beiden verbliebenen Modelle zur Stärkung der | |
Effizienz des Fonds seien eher "Marktanreizprogramme", um zusätzliche | |
Investoren zu gewinnen - aber keine Kredithebel, die 2008 die weltweite | |
Finanzkrise mit ausgelöst hatten. | |
Unterdessen signalisierten die Euro-Skeptiker in der Koalition, dass sie | |
erneut nicht zustimmen wollen. Beim letzten Mal stimmten 15 der 330 | |
Koalitionsabgeordneten nicht für den EFSF. Die Fraktionen wollten am | |
Nachmittag über die Erweiterung beraten. "Die Bedenken der Kritiker sind | |
nicht ausgeräumt, sondern haben sich eher bestätigt", sagte der | |
CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach der dpa. Sein Fraktionskollege Klaus-Peter | |
Willsch sagte der dpa, durch den Hebelmechanismus steige das Risiko von | |
Zahlungsausfällen gewaltig. Damit erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, dass | |
Deutschland mit seiner Haftungssumme von 211 Milliarden Euro einspringen | |
müsste. | |
25 Oct 2011 | |
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