# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kamerun: 78 Prozent für einen 78-Jährigen | |
> Nach fast 30 Jahren an der Macht wird Präsident Paul Biya mit großer | |
> Mehrheit wiedergewählt. Doch der Sieg des 78-Jährigen stand eigentlich | |
> nie in Frage. | |
Bild: Wahlkampf in Kamerun: Eine Anhängerin von Präsident Biya. | |
BERLIN taz | Es dauerte zwei Wochen, aber das Ergebnis war dafür umso | |
eindeutiger: Paul Biya hat die Präsidentschaftswahl in Kamerun klar | |
gewonnen. Der 78-Jährige, seit 1982 an der Macht, erhielt bei der Wahl am | |
9. Oktober 77,98 Prozent der Stimmen, erklärte das Oberste Gericht am | |
vergangenen Freitag. Am Dienstag sprach der Wahlsieger in einer seiner sehr | |
seltenen Ansprachen "allen Landsleuten" seine "Glückwünsche" dafür aus. | |
Biyas Sieg stand eigentlich nie in Frage, aber die Höhe des offiziellen | |
Ergebnisses wirft bei seinen Gegnern Zweifel auf. Der langjährige | |
Oppositionsführer John Fru Ndi von der Sozialdemokratischen Front (SDF) | |
soll auf lediglich 10,7 Prozent gekommen sein. | |
Die Wahlbeteiligung wird in den offiziellen Zahlen mit knapp 66 Prozent | |
angegeben. Oppositionelle sagen, es seien weniger als ein Fünftel der | |
registrierten Wähler an die Urnen gegangen und es habe zahlreiche | |
Unregelmäßigkeiten gegeben. | |
Letzteres haben auch Frankreich und die USA bestätigt. Die Franzosen, Biyas | |
verlässlichster Partner, forderten den Präsidenten in einer indirekten | |
Erklärung auf, die beim Wahlgang aufgetretenen Probleme rechtzeitig vor den | |
Parlamentswahlen im März 2012 zu lösen. | |
Einsprüche der Opposition hatte das Oberste Gericht zuvor abgewiesen. | |
Dennoch hatte die Staatsmacht offensichtlich Angst, denn | |
Oppositionsparteien hatten zu Massenprotesten aufgerufen für den Fall, dass | |
die Wahlen nicht annulliert werden. Schwerbewaffnetes Militär rückte am Tag | |
der Proklamation des Endergebnisses in allen großen Städten aus, die | |
meisten Büros und Geschäfte blieben geschlossen, ein Demonstrationsverbot | |
trat in Kraft und viele Menschen blieben aus Angst vor Unruhen zu Hause. | |
In Fru Ndis Heimatstadt Bamenda versuchten Presseberichten zufolge einige | |
Demonstranten, Straßensperren aus brennenden Reifen zu errichten, aber die | |
Polizei habe dies im Keim erstickt. Dass die vom Fernsehen übertragene | |
Verlesung der Ergebnisse am 21. Oktober sich den ganzen Tag hinzog, von 11 | |
bis 20 Uhr, sorgte für genügend Langeweile in der Öffentlichkeit, wodurch | |
eine breite Mobilmachung durch die Opposition erschwert wurde. | |
SDF-Generalsekretärin Elizabeth Tamajong erklärte die Wahl zu einer "Farce" | |
und sagte, Kamerun brauche eine grundlegende Verfassungsreform. Zugleich | |
drohte sie, der an Nigeria angrenzende anglophone Teil Kameruns - in dem | |
die SDF besonders stark ist - könne sich jetzt noch mehr an den Rand | |
gedrängt fühlen. Präsident Biya wiederum versprach in seiner Siegesrede, | |
Kamerun in eine "riesige Baustelle" zu verwandeln, um endlich Arbeitsplätze | |
für die Jugend zu schaffen. | |
26 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Dominic Johnson | |
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Kamerun | |
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