# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kamerun: Diesmal ganz demokratisch | |
> Erstmals könnte in Kamerun der Staatschef ohne Manipulation gewählt | |
> werden. An den wirtschaftlichen Problemen ändert das aber nichts, es | |
> droht eine soziale Explosion. | |
Bild: Seit 1982 Präsident Kameruns: Paul Biya. | |
GOMA taz | Eigentlich ist Paul Biya aus der Zeit gefallen. Kameruns | |
Präsident ist 79 Jahre alt, regiert seit 1982 und ist damit der | |
drittdienstälteste Staatschefs Afrikas (hinter den Diktatoren von | |
Äquatorialguinea und Simbabwe). Aber bei den Präsidentschaftswahlen am | |
Samstag hat er aller Voraussicht nach nichts zu befürchten. | |
Kamerunische Beobachter, die der Demokratiebewegung nahestehen, fürchten | |
sogar, dass dies die erste Wahl in Kamerun seit Einführung des | |
Mehrparteiensystems sein könnte, die der Staatschef ohne Fälschung oder | |
Manipulation gewinnt. | |
Dabei wäre die Wahl 2011 eigentlich eine Chance für eine historische | |
Revanche: Es tritt erneut der historische Oppositionsführer John Fru Ndi | |
an, der Anfang der 1990er Jahre den Kampf gegen die Einparteienherrschaft | |
erfolgreich anführte und die erste Mehrparteienwahl des Landes 1992 nur | |
durch plumpe Fälschung gegen Biya verlor. | |
Mittlerweile 70 Jahre alt, gilt Fru Ndi inzwischen bei Kameruns junger | |
Generation allerdings als verbraucht und kompromittiert. Seine | |
Sozialdemokratische Front (SDF) hat sich längst gespalten, Fru Ndi selbst | |
gilt seit einem Versöhnungstreffen mit Biya als von der Staatsmacht | |
eingekauft. Einen wirklich starken Kandidaten für politischen Wandel gibt | |
es in Kamerun diesmal nicht. | |
Für ein Land, das seit Jahren immer wieder als kurz vor der sozialen | |
Explosion steht, ist das politisch gefährlich. 2008 starben mindestens 140 | |
Menschen, als unzufriedene Jugendliche in Kameruns Städten auf die Straße | |
gingen und vom Militär zusammengeschossen wurden. Sie protestierten gegen | |
hohe Lebenshaltungskosten und auch gegen eine von Biya durchgedrückte | |
Verfassungsänderung, die ihm die erneute Kandidatur bei den Wahlen 2011 | |
ermöglichte. Das Pro-Kopf-Einkommen stagniert seit Jahren, und das | |
eigentlich reiche Kamerun fällt ökonomisch immer mehr hinter seinen | |
mächtigen Nachbarn Nigeria zurück. | |
## Undurchschaubarer Herrschaftsstil | |
Biya bietet trotz seines autokratischen, undurchschaubaren Herrschaftsstils | |
wenig Angriffsflächen. Er zeigt sich seit vielen Jahren nur selten in der | |
Öffentlichkeit, reist kaum je zu internationalen Gipfeltreffen und äußert | |
sich nur äußerst selten überhaupt zu irgendetwas. Aber ohne die Gunst des | |
Präsidenten läuft in Kamerun nichts. | |
Seine Partei RDPC (Demokratische Sammlung des Kamerunischen Volkes) | |
betreibt Wahlkampf im alten Einparteienstil: Auf Wahlveranstaltungen wird | |
ganz offiziell Geld vom Wahlvolk gesammelt, und die lokalen Parteivertreter | |
überbieten sich mit Versprechungen, 100 Prozent für den Präsidenten zu | |
holen. | |
Exilkameruner fürchten, dass frustrierte Jugendliche beginnen könnten, mit | |
dem bewaffneten Kampf zu liebäugeln - vor allem im anglophonen Teil des | |
Landes, der an Nigeria grenzt und aus dem auch Fru Ndi stammt. Bewaffnete | |
Sezessionsbewegungen im sogenannten "Southern Cameroon" tauchen immer | |
wieder auf. | |
Am 29. September besetzte ein bewaffnetes Kommando die wichtigste Brücke in | |
Kameruns größter Stadt Duala, die drei Millionen Einwohner zählende und | |
traditionell aufsässige Handelsmetropole am Atlantik. Die Stadt wurde unter | |
Ausgangssperre gestellt. Später bekannten sich diverse unbekannte | |
"Befreiungsbewegungen" zu der Aktion. Presseberichten zufolge waren es | |
unzufriedene Soldaten, die Biya zum Rücktritt auffordern wollten. Seit | |
diesem Vorfall geht jedenfalls Angst um. | |
7 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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