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# taz.de -- Kommentar Bundeswehrreform: Die Zäsur kommt auf Schleichwegen
> Durch die Kasernenschließungen werden nur vordergründig Dienstposten und
> Personal zu Tausenden gekürzt. Tatsächlich erhöht sich die Flexibiltät
> der Truppe.
Der Politiker Thomas de Maizière ist eine Person, die den Ausgleich sucht,
die diesen koordinieren und verschiedene Interessen verbinden kann. So war
seine Arbeit als Kanzleramtschef und als Leiter der Dresdner Staatskanzlei.
Das ist aktuell auch das treibende Element seiner Bundeswehrreform.
Wochenlang hat sich de Maizière über die möglichen Modelle von
Kasernenschließungen gebeugt, um am Ende ein kompliziertes Geflecht als
Lösung zu präsentieren, das möglichst niemanden benachteiligt, möglichst
jedem gleich wehtut.
Das ist gelungen. Kein Bundesland ist wirklich benachteiligt, eine Revolte
ist zunächst nicht zu erwarten. Die Opposition gesteht zu, dass die
Bundeswehr in der Fläche bestehen bleibt. Und selbst aus dem chronisch
nörgeligen Bayern war als erste Reaktion lediglich zu hören, dass
Ministerpräsident Seehofer doch wenigstens finanzielle Kompensation
wünsche. Die größte Reform dieser Legislaturperiode also ein vollkommener
Erfolg?
Das sicher nicht. Der Verteidigungsminister hat mit der politisch
bedeutenden Bekanntgabe der Standortschließungen ein Projekt vollzogen, das
unter seinem Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg vor allem unter einer
Zielvorgabe angestoßen wurde: die Bundeswehr für Auslandseinsätze
schlagkräftiger zu machen.
De Maizière bedient sich für dessen Ziele lediglich einer sanfteren
Sprache. "Auftragserfüllung in einem komplexen sicherheitspolitischen
Umfeld" nennt der Minister die Möglichkeit zur schnellen, globalen
militärischen Intervention. Denn eins ist klar: Nur vordergründig werden
Dienstposten und Personal zu Tausenden gekürzt. Tatsächlich erhöht sich die
Flexibilität der Truppe.
In Zukunft werden mehr Soldatinnen und Soldaten ständig für Einsätze
verfügbar sein. Und ein Blick auf die Beschaffungsliste zeigt, dass
leichtere Panzer wie der Puma schwereres Gerät ersetzen. Das Ziel der
Landesverteidigung weicht dem Ziel der schnellen Einsatzfähigkeit.
Deutschlands Bundeswehr ist nun eine Interventionsarmee. Das ist eine
historische Zäsur. Bizarr, dass dies genau in dem Jahr geschieht, in dem
der Abzug aus Afghanistan beginnt, die Beendigung eines Auslandseinsatzes,
den man mit dem Wissen von heute nicht mehr beginnen dürfte und in dem
Deutschland in vielerlei Hinsicht gescheitert ist. Wo findet sich diese
Erkenntnis in der Bundeswehrreform des ausgleichenden Ministers de
Maizière? An keiner Stelle, leider.
26 Oct 2011
## AUTOREN
Gordon Repinski
## TAGS
Niedriglohn
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