# taz.de -- Konjunkturbedingte Rentenanhebung: Deutsche Rentner im Glück | |
> Dank der guten Konjuktur werden die Renten in Deutschland im nächsten | |
> Jahr deutlich angehoben. Gleichzeitig könnte der Rentenbeitragssatz | |
> sinken - das freut nicht alle. | |
Bild: "Die Rente ist sicher", meinte einst Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU). | |
BERIN afp/dpa | Mit einem so deutlichen Zuschlag hat wohl kein Rentner | |
gerechnet. Die rund 20 Millionen Empfänger von Altersbezügen in Deutschland | |
können sich wegen der guten konjunkturellen Entwicklung im kommenden Jahr | |
auf Steigerung um 2,3 Prozent im Westen und 3,2 Prozent im Osten | |
einstellten. Das teilte die Deutschen Rentenversicherung Bund am Donnerstag | |
mit. Zeitgleich könnte der Beitragssatz von 19,9 auf 19,6 Prozent sinken. | |
Für die Entspannung bei der Rentenkasse sind vor allem die Steigerungen bei | |
den Löhnen und die gestiegene Zahl sozialversicherungspflichtiger Jobs | |
verantwortlich. Laut Rische ist im laufenden Jahr mit Einnahmen von 249,1 | |
Milliarden Euro und Ausgaben von 244,7 Milliarden Euro zu rechnen. Durch | |
den Überschuss von 4,4 Milliarden Euro erhöhe sich die | |
Nachhaltigkeitsrücklage auf das 1,38fache einer Monatsausgabe. Sie nähere | |
sich damit weiter der Höchstgrenze des 1,5fachen an. | |
Ohne die bestehenden Ausgleichsbedarfe wegen früherer Rentenanpassungen | |
könnte die Erhöhung noch deutlicher ausfallen. Eine Rolle spielt hier vor | |
allem die so genannte Rentengarantie. Sie gewährleistet, dass die | |
Altersbezüge nicht sinken, auch wenn sie es wegen einer rückläufigen | |
Entwicklung bei den Löhnen eigentlich müssten. 2010 hatte es wegen dieser | |
Regelung eine Nullrunde gegeben, zum Ausgleich werden folgende | |
Rentensteigerungen halbiert. | |
Die jetzt vorgestellten Zahlen, die der Schätzerkreis der | |
Rentenversicherung ermittelt hat, sind nur vorläufig. Entscheiden wird die | |
Bundesregierung über die Rentenerhöhung - die jeweils zum 1. Juli kommt - | |
im Frühjahr 2012 auf Basis der dann vorliegenden endgültigen Zahlen. | |
## Kerngesundes Rentensystem | |
Es lasse sich absehen, dass die Rentner im kommenden Jahr vom Aufschwung | |
profitieren würden, erklärte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen | |
(CDU). Erfreulich sei, dass zugleich die Beiträge für die junge Generation | |
sinken. "Unser Rentensystem ist kerngesund und sorgt für einen fairen | |
Ausgleich zwischen den Generationen", erklärte die Ministerin. | |
Der Sozialverband VdK verwies darauf, dass die Rentner wegen der aktuellen | |
Preissteigerungsrate von 2,6 Prozent nur wenig von der zu erwartenden | |
Erhöhung hätten. "Inflationsbereinigt wird also kaum etwas von der Erhöhung | |
übrig bleiben", erklärte Vdk-Präsidentin Ulrike Mascher. Altersarmut in | |
Deutschland werde ein Problem bleiben. Um ihr entgegenzuwirken, solle auf | |
die avisierte Beitragssenkung verzichtet werden. Es müsse das Hauptziel | |
bleiben, das Leistungsniveau der Renten zu stärken. Erst danach sei eine | |
Entlastung der Beitragszahler sinnvoll. | |
## Nachhaltige Politik gegen Altersarnut | |
Auch der Linken-Rentenexperte Matthias Birkwald bezeichnete es in einer | |
Erklärung als unverantwortlich, "die Überschüsse in der Rentenkasse für | |
eine Mini-Entlastung der Beitragszahler zu verpulvern, statt sie in eine | |
nachhaltige Politik gegen Altersarmut zu investieren". Demgegenüber | |
erklärte der FDP-Rentenexperte Heinrich Kolb, die Spielräume für | |
Beitragssenkungen müssten genutzt werden. | |
Zufrieden mit der Anhebung zeigte sich die SPD. "Eine gute Entwicklung der | |
Renten hängt von guter Arbeit zu vernünftigen Löhnen ab", erklärte | |
Generalsekretärin Andrea Nahles. Die Zahlen zeigten allerdings, "dass wir | |
endlich einen flächendeckenden Mindestlohn brauchen". | |
27 Oct 2011 | |
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