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# taz.de -- Kölner Moscheestreit eskaliert: Nur bautechnische Fragen zugelassen
> Die Politik reagiert irritiert auf den neuen, schroffen Kurs des
> wichtigsten Islamdachverbands Ditib. Längst geht es um mehr als Zoff über
> einen Moscheebau.
Bild: Könnte traditionalistischer werden: Die Fassade der Kölner Zentralmosch…
KÖLN taz | Fritz Schramma wirkt geschockt. "So eine Pressekonferenz habe
ich noch nicht erlebt", sagt Kölns Altoberbürgermeister. Zuvor hatte er als
Zuschauer erleben müssen, wie die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für
Religion (Ditib) die versammelte Journalistenschar gegen sich aufgebracht
hatte.
"Das ist nicht das, was wir bislang kennengelernt haben", sagt der
Christdemokrat, der sich wie kaum ein anderer für die Zentralmoschee in
Köln-Ehrenfeld eingesetzt hat.
Jetzt ist das Projekt kurz vor der Fertigstellung gefährdet. Denn Ditib ist
auf Konfrontationskurs gegangen - und zwar nicht nur gegen den bislang
verantwortlichen Architekten Paul Böhm.
Es ist ein bizarrer Termin, zu dem die Ditib am Donnerstagnachmittag in
ihre Kölner Behelfszentrale geladen hat. Der muslimische Dachverband, dem
nach eigenen Angaben bundesweit 896 Ortsgemeinden angehören, präsentiert
seine Vorwürfe gegen den fristlos gekündigten Stararchitekten Böhm.
Der Ditib-Vorsitzende Ali Dere ist nicht da: Er befindet sich auf dem
Haddsch, der Pilgerfahrt nach Mekka. Dafür ist sein Stellvertreter Orhan
Bilen gekommen. Doch Bilen, der als der starke Mann im neuen Ditib-Vorstand
gilt und auch Funktionär des Unternehmerverbandes Müsiad ist, der der
islamistischen Milli Görüs nahesteht, sagt nicht viel.
## Als Baumeister versagt
Das überlässt er lieber der Ditib-Sprecherin Ayse Aydin, die eine
vierseitige Erklärung verliest. Das Fazit: "Als Künstler hat Herr Böhm
brilliert, als Baumeister hat er leider versagt." Anschließend sind nur
noch "bautechnische Verständnisfragen" zugelassen.
"Den Strang der bautechnischen Mängel mit anderen Strängen zu vermengen und
damit die Baufrage ideologisch aufzuladen und damit haltlose Vorwürfe und
Unterstellungen in einer untragbaren Weise zu verbreiten ist unseriös",
begründet Ditib die absurde Beschränkung.
Dabei ist genau das die spannende Frage: Geht es wirklich nur um Baumängel
- oder steht hinter dem Konflikt nicht vielmehr eine politische
Kursänderung der Ditib? Nicht nur der attackierte Böhm hegt diese
Vermutung. Dafür spricht auch, dass in den laut Ditib seit Anfang des
Jahres schwelenden Streit mit Böhm der Moscheebaubeirat nicht einbezogen
wurde, dem knapp 37 Repräsentanten der Kölner Stadtgesellschaft angehören.
## Beirat durch die Presse informiert
Von der Kündigung erfuhr der Beirat aus der Presse. Die Begründung der
Ditib: Bei sich überstürzenden Ereignissen sei es nicht möglich, immer
jeden zeitnah zu informieren, weist Beiratsmitglied Schramma zurück: "Wir
sind alle jederzeit per E-Mail zu erreichen."
Seit Monaten hatte sich der Moscheebaubeirat nicht mehr getroffen. Jetzt
soll am 10. November eine Sitzung stattfinden, auf der ausgelotet werden
soll, ob eine Vermittlung zwischen Ditib und Böhm noch möglich ist. Die
Chancen stehen schlecht.
Offenkundig sei mit dem seit August vergangenen Jahres im Amt befindlichen
neuen Ditib-Vorstand "die Zusammenarbeit, die früher möglich war, nicht
mehr in dieser Form möglich", sagt die SPD-Politikerin Lale Akgün. Das
Problem sei die fehlende Unabhängigkeit von Ditib, die über die staatliche
Religionsbehörde Diyanet an die AKP-Regierung in der Türkei angebunden sei.
"Die politische Großwetterlage in der Türkei und damit auch bei ihrer
Außenstelle Ditib in Köln ist jetzt viel konservativer geworden",
konstatiert die frühere Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion.
Akgün hatte der Jury angehört, die den Böhm-Entwurf 2007 ausgewählt hatte.
Jetzt befürchtet sie, dass die Gestaltung der Kölner Moschee
osmanisch-traditionalistischer ausfallen soll als geplant. Ausräumen kann
oder will Ditib diese Furcht nicht. Auch Architekt Böhm geht davon aus,
"dass sie mich loswerden wollen, um ihre eigenen Konzepte umzusetzen". Die
gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "in höchstem Maße rufschädigend".
Böhm droht nun mit einem sofortigen Stopp aller Arbeiten: "Ich lasse jetzt
alle rechtlichen Schritte prüfen, darunter auch einen Baustopp zur
Beweissicherung."
28 Oct 2011
## AUTOREN
Pascal Beucker
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