| # taz.de -- Studie zum Bevölkerungswachstum: Volle Hütte in Berlin | |
| > Die Berliner Bevölkerung wächst bis 2025 um 200.000 Menschen. Das ergibt | |
| > die Prognose der Bertelsmann Stiftung. Die Landespolitik ist darauf nicht | |
| > vorbereitet. | |
| Bild: Vielleicht auch bald in Berlin? Notunterkünfte für Studis in Freiburg | |
| Berlin wächst schneller als erwartet. Zu diesem Ergebnis kommt die | |
| Bertelsmann Stiftung, die am Mittwoch ihre Bevölkerungsstudie für | |
| Deutschland vorgelegt hat. Für die Hauptstadt erwarten die Demografen einen | |
| Anstieg von derzeit 3,472 Millionen Einwohnern auf 3,639 Millionen im Jahr | |
| 2025. Das entspricht einem Bevölkerungszuwachs um 4,8 Prozent. Der Senat | |
| ging bislang davon aus, dass die Einwohnerzahl in diesem Zeitraum auf 3,367 | |
| Millionen sinkt. | |
| Laut Petra Klug, Mitautorin der Prognose, gibt es "deutschlandweit zwei | |
| Trends: die Alterung und die Verstädterung". So zögen viele Alte zwar nicht | |
| in die großen Metropolen, aber in mittelgroße Städte mit guter | |
| Infrastruktur. "Davon profititiert in Berlin-Brandennburg vor allem das | |
| Berliner Umland", so Klug. | |
| Berlin hingegen erlebt - wie auch Hamburg oder München - vor allem einen | |
| Zuzug jüngerer, sogenannter Bildungswanderer. Insgesamt wird die Stadt nach | |
| den Zahlen der Gütersloher Stiftung bis 2030 einen Wanderungsgewinn von | |
| 250.000 Menschen verzeichnen. Davon abgezogen werden muss der Negativsaldo | |
| der natürlichen Bevölkerungsentwicklung: Auch künftig wird es in Berlin | |
| mehr Sterbefälle als Geburten geben. | |
| Gegenüber der Bertelsmann-Studie sieht die Bevölkerungsprognose der | |
| Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ganz schön alt aus: Sie stammt aus | |
| dem Jahre 2007 und formuliert drei alternative Trends: die Varianten | |
| "Basis", "Schrumpfung" und "Wachstum". Die - als wahrscheinlich angenommene | |
| - Basisvariante prognostiziert bis 2030 einen Rückgang der Bevölkerung auf | |
| 3,367 Millionen Einwohner. Noch mehr verliert Berlin in der Variante | |
| Schrumpfung - hier werden 3,229 Millionen vorausgesagt. Einzig in der | |
| Variante Wachstum steigt die Zahl der Berliner auf 3,503 Millionen. Auch | |
| das wären noch 140.000 weniger als in der Studie der Bertelsmann Stiftung. | |
| Der Sprecher von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), | |
| Mathias Gille, räumte gestern ein, dass die Senatsstudie nicht auf dem | |
| neuesten Stand sei. "Wir müssen jetzt in Ruhe die Zahlen der Bertelsmann | |
| Stiftung prüfen", so Gille zur taz. In der Verwaltung geht man aber davon | |
| aus, dass die Bertelsmann-Zahlen seriös sind. Was sie für den Wohnungsmarkt | |
| bedeuten würde, konnte Gille nicht sagen - er verwies auf die | |
| Koalitionsverhandlungen. | |
| Wenn SPD und CDU zum Thema Stadtentwicklung verhandeln, wird es auch um das | |
| Thema Neubau gehen. Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD, | |
| Ellen Haußdörfer, wollte die Forderungen ihrer Partei beim Wohnungsneubau | |
| allerdings nicht nach oben korrigieren. "Wir bleiben dabei, dass 30.000 | |
| neue Wohnungen durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder | |
| Genossenschaften gebaut werden müssen", sagte Haußdörfer der taz. "Was | |
| durch die Privaten an Neubau realisiert wird, kommt noch dazu." Parallel | |
| zum Neubau will die SPD den Bestand für den Markt "fit machen". "Dazu | |
| gehören auch energetische und barrierefreie Sanierung", so Haußdörfer. | |
| Auch die CDU will in dieser Legislaturperiode 30.000 neue Wohnungen bauen. | |
| Allerdings sollen nach dem Willen der Christdemokraten verstärkt | |
| Privatinvestoren zum Zug kommen. Die Verhandlungen zwischen den | |
| Arbeitsgruppen beider Parteien sollen im Laufe der kommende Woche geführt | |
| werden. Am 8. November entscheidet die große Runde über das Konzept. | |
| ## 100.000 mehr bis 2015 | |
| Die Wahlprogramme der Parteien, die den Koalitionsverhandlungen zugrunde | |
| liegen, gehen jedoch von der Prognose des Senats aus. Sollte Berlin | |
| tatsächlich in dem Maße wachsen, wie es die Gütersloher Demografen | |
| errechnet haben, bräuchte Berlin viel mehr Wohnungen. Und vor allem | |
| schnell. Bis 2015, erwartet die Bertelsmann Stiftung einen Zuwachs von | |
| 100.000 gegenüber dem Jahr 2009, nach 2015 schwächt sich das | |
| Bevölkerunsgwachstum etwas ab. Die große Not auf dem ohnehin angespannten | |
| Wohnungsmarkt steht Berlin also noch bevor. | |
| 28 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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