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# taz.de -- Kommentar griechisches Referendum: Freiwillig auf dem Hochseil
> Nicht einmal Papandreous engste Mitarbeiter können sagen, warum ihr Chef
> nun auf eine Volksbefragung setzt. Schließlich hat er viel zu verlieren
> und wenig zu gewinnen.
Bild: Dürfen bald vielleicht selbst entscheiden: Aufgebrachte Griechen protest…
Auf einem Hochseil kann man sich den bedächtigen Giorgos Papandreu nur
schwer vorstellen. Aber dort steht er jetzt, und das aus eigenem
Entschluss. Die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten, ein
Referendum über den von der EU beschlossenen Schuldenschnitt anzusetzen,
hat alle überrascht: seine eigene Partei, innenpolitische Gegenspieler, die
EU-Partner und die internationale Öffentlichkeit.
Nicht einmal Papandreous engste Mitarbeiter können sagen, warum ihr Chef
nun auf eine Volksbefragung setzt. Einigkeit herrscht dagegen darüber, dass
der Schachzug hochriskant ist. Schließlich kann der Premier das Referendum
verlieren. Und wenn er gewinnt, bleibt die Frage, was ihm dieser Sieg
bringen würde.
Voraussagen, nach denen die griechischen Wähler den Schuldenschnitt
ablehnen werden, sind freilich verfrüht. Die meisten wissen, dass ihr Staat
ohne diese Maßnahme Mitte November bankrott gewesen wäre. Aber sie ahnen
auch, dass der "Haircut" vom 26. Oktober sie nicht davor schützt, am Ende
doch noch skalpiert zu werden. Und allen ist klar, dass die rigorose
Sparpolitik weitergehen wird, die ihre Zukunftsperspektiven abwürgt.
Die Griechen sind aufgefordert, zwischen extremen Übeln zu entscheiden. Und
es kann sein, dass sie sich dieser Zumutung verweigern. Nach Artikel 44 der
Verfassung müssen bei einem Referendum 40 Prozent der Stimmberechtigen
mitmachen. Bei den letzten Kommunalwahlen lag die Beteiligung nur knapp
darüber.
Um die Wähler zu mobilisieren, muss Papandreou jetzt hervorheben, was der
EU-Umschuldungsbeschluss den Griechen gebracht hat: die Zusage, dass ihr
Land nicht aus der Eurozone ausgeschlossen wird. Die Rückkehr zur Drachme
ist für zwei Drittel der Bürger ein Schreckensszenario. Aber: Auch eine
Zustimmung beim Referendum bedeutet nicht, dass die Proteste gegen das
Sparen aufhören. Der Hochseilakt des Premiers wird also auch im Fall seines
Sieges weitergehen.
1 Nov 2011
## AUTOREN
Niels Kadritzke
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