# taz.de -- Regierung in Griechenland: "Katastrophales Krisenmanagement" | |
> Der griechische Europaabgeordnete Theodoros Skylakakis sieht niemanden, | |
> der die Krise meistern könnte. Er fordert eine neue Regierung – ohne | |
> Politiker. | |
Bild: Alle müssen raus da: Wütende Griechen vor dem Parlament in Athen. | |
taz: Herr Skylakakis, Ihr Ministerpräsident Papandreou hat angekündigt, | |
eine neue, parteiübergreifende Koalition zu bilden, um das Land aus der | |
Krise zu führen. Ist das eine gute Idee? | |
Theodoros Skylakakis: Nein, zurzeit ist keine Partei in unserem Land mehr | |
in der Lage, die Krise zu meistern. Wir brauchen eine Regierung ohne | |
Politiker. Wir brauchen Personen, die keinerlei politischen Ehrgeiz haben | |
und ihre Karriere voranbringen wollen. Sie können meinetwegen aus den | |
Parteien kommen, aber es sollten eher Technokraten sein, die sich mit der | |
Finanz- und Wirtschaftspolitik wirklich gut auskennen. Sie würden durch das | |
Parlament kontrolliert, und wir würden sie unterstützen. | |
Das Krisenmanagement trauen Sie den Politikern also nicht mehr zu? | |
Nein, sie sind viel zu beschäftigt mit ihren Manövern und damit, sich für | |
die Zeit nach ihrer Politikerkarriere abzusichern. Wir brauchen jetzt | |
objektive, ruhige Krisenmanager. | |
Wie wahrscheinlich sind Neuwahlen? | |
Das werden die beiden großen Parteien, die ja vorrangig für unsere Krise | |
verantwortlich sind, mit allen Mitteln verhindern. Sie schneiden zurzeit in | |
den Umfragen unglaublich schlecht ab, zusammen kommen sie gerade einmal auf | |
40 Prozent. Das ist für Griechenland unglaublich. In der Vergangenheit | |
waren Werte von 80 Prozent Zustimmung normal. Aber die Menschen haben das | |
Vertrauen verloren. Deshalb sind die beiden großen Parteien zurzeit so | |
nervös. Sie haben einfach Angst, die Macht zu verlieren. | |
Wie beurteilen Sie das bisherige Krisenmanagement der griechischen | |
Regierung? | |
Es ist katastrophal. Die Regierung hat es nicht geschafft, die notwendigen | |
Reformen umzusetzen. Es gab auch völlig unrealistische Vorgaben. Das | |
Privatisierungsprogramm zum Beispiel konnte gar nicht so viel Geld bringen | |
wie angenommen. Und die Konservativen in der Opposition hatten nichts | |
Besseres zu tun, als immer wieder gegen die Rettungspakete Stimmung zu | |
machen. Das war unverantwortlich. | |
Was braucht Griechenland für den Weg aus der Krise? | |
Wir brauchen das Hilfspaket und den Schuldenerlass. Gleichzeitig müssen wir | |
endlich echte strukturelle Reformen angehen: Wir müssen gegen die | |
Bestechung bei den Finanzämtern vorgehen, das Pensionssystem der Beamten | |
reformieren. Wir können nicht einfach immer weiter Steuern erhöhen. | |
4 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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