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# taz.de -- Zieler debütiert im DFB-Team: Ein Frischling als Fänger
> Er hat erst 27 Bundesligaeinsätze vorzuweisen. Trotzdem wird Hannovers
> Torwart Zieler für ein Spiel zur Nummer eins der Fußballnationalelf. Wie
> kann das sein?
Bild: Schmale Lippen: Ron-Robert Zieler bei der Arbeit.
BERLIN taz | Zehn Jahre ist das "Side" mittlerweile alt, und immer noch
gehört das Haus an der Drehbahn zu den angesagtesten Hotels der Stadt
Hamburg. Die puristische Inneneinrichtung des italienischen Designers
Matteo Thun und die Lichtchoreografien des amerikanischen Theaterregisseurs
Robert Wilson haben der Herberge einen szenigen Ruf eingebracht.
Wer hier logiert, hält etwas auf sich oder hat es zu etwas gebracht.
Insofern sind die deutschen Nationalspieler hier wohl genau richtig, um
sich auf die Länderspiele gegen die Ukraine und Niederlande vorzubereiten.
Gespielt wird in aller Freundschaft, doch ein paar der von Joachim Löw
angekündigten "personellen und taktischen Experimente" sind schon von
Interesse. Da ist zum Beispiel Ron-Robert Zieler. Der Bundestrainer hat ihm
für den Freitag im neuen Olympiastadion von Kiew bereits das Debüt zwischen
den Pfosten versprochen.
Für Jörg Sievers, den Torwarttrainer von Hannover 96, macht der
DFB-Trainerstab da nicht viel falsch: "Ron-Robert ist sehr breit
aufgestellt. Er ist stark auf der Linie und im Eins-gegen-eins. Er ist
fußballtechnisch gut und spielt hervorragend mit. In allen Segmenten sind
nur Kleinigkeiten zu verbessern; was ihm am meisten fehlt, ist Erfahrung."
Das erklärt wohl auch die herbstlichen Schwankungen, denen der 22-Jährige
gerade unterliegt. Sowohl in der Europa League als auch in der Bundesliga
sah das einst bei Manchester United geformte Torwarttalent nicht wirklich
gut aus.
## Therapiezentrum Nationalmannschaft
96-Trainer Mirko Slomka tadelte ihn unverhohlen als "unentschlossen" und
"unsicher" und hofft nun, dass der Aufenthalt bei der DFB-Auswahl als
Therapiezentrum dient. Der Schlussmann mit den erst 27-Bundesliga-Einsätzen
sieht es genauso: "Vom Kopf her ist es ja ganz gut, nach den vielen
96-Spielen mal was anderes zu sehen", sagt Zieler.
Obwohl Zieler genau wie der mit ihm um den Platz hinter Manuel Neuer
rangelnde Tim Wiese gebürtiger wie überzeugter Rheinländer ist, kommt er
ganz anders rüber; er taugt nicht als Selbstdarsteller ("Meine Aufgabe ist
es, Bälle zu halten"); er ist kein Obermacker ("Man muss nicht unbedingt
ein Schwein sein, um sich durchzusetzen").
Gelassenheit und Besonnenheit sind seine prägenden Merkmale. "Seine
Entwicklung ist erstaunlich", lobt Sievers. "Potenzial und Talent waren bei
ihm früh zu erkennen, aber er hat im Schnelldurchgang hier Karriere
gemacht." Innerhalb von nur elf Monaten von der Nummer drei im Verein zur
Nummer drei in Deutschland. Sollte tatsächlich der bis 2015 an die
Niedersachsen gebundene Zieler mit zur EM fahren dürfen, "kommt das für ihn
nicht zu früh", glaubt Sievers, "er ist dort richtig aufgehoben".
## Wer nicht grübelt, ist klar im Vorteil
Die Berufung steht im Grunde symbolisch für eine für höhere Aufgaben
prädestinierte Torwart-Generation, zu der auch die allesamt bei der U21
weilenden Jungspunde Marc-André ter Stegen, Oliver Baumann und Kevin Trapp
zählen. Andreas Köpke freut diese Dichte an begabten wie selbstbewussten
Ballfängern natürlich; der Bundestorwarttrainer behauptet: "Die Jungs
kommen gar nicht erst ins Grübeln." Das ist auch deshalb eine wichtige
Aussage, weil genau der Standort Hannover gegenteilige Belege geführt hat.
Der Suizid des an Depressionen leidenden Robert Enke jährt sich morgen das
zweite Mal und dessen selbst auferlegter Druck, die Nummer eins im
Nationalteam werden zu wollen, hat zur Tragödie nicht unerheblich
beigetragen. Enke war damals nicht für das wegen seines Freitodes abgesagte
Länderspiel am 14. November 2009 gegen Chile nominiert worden.
Sievers hat mittlerweile genügend Abstand, um über die Thematik zu reden.
"Robert Enke hat dazu beigetragen, dass die Hemmschwelle, eine solche
Erkrankung öffentlich zu machen, gesunken ist. Das Problem wird nicht mehr
totgeschwiegen, und deshalb hat sich auch Markus Miller öffnen können",
sagt er.
Zielers Stellvertreter hat sich bekanntlich zu einer "mentalen Erschöpfung"
bekannt und befindet sich immer noch in Behandlung. Und dann ist da auch
noch Florian Fromlowitz, Zielers Vorgänger, der sich vielleicht nie vom
Enke-Erbe freimachen konnte, wie Sievers heute erklärt: "Für Florian war es
eine harte Geschichte, weil er sich mit Robert Enke gut verstanden hatte,
jeden Tag mit ihm trainiert hatte - und so eigentlich nie ins Tor kommen
wollte."
Für den bevorstehenden Nationalelf-Debütanten stellt der Torwartversteher
von Hannover 96 jedoch klar: "Das Gute ist: Ron-Robert hat mit der ganzen
Geschichte nichts zu tun."
9 Nov 2011
## AUTOREN
Frank Hellmann
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