# taz.de -- Bildungsdebatte auf CDU-Parteitag: Hauptschule geht und bleibt ein … | |
> Die CDU verabschiedet sich von der Hauptschule und damit von einer | |
> weiteren Tradition. Doch in der Diskussion auf dem Parteitag verwässerte | |
> sich der Antrag der Partei. | |
Bild: Hatte einen deutlicheren Abschied für die Hauptschule formuliert: Bundes… | |
LEIPZIG dpa | Nach monatelangem Ringen löst sich die CDU von ihrer | |
Tradition des dreigliedrigen Schulsystems und erklärt sich zur Abkehr von | |
der eigenständigen Hauptschule bereit. Das beschloss der | |
CDU-Bundesparteitag in Leipzig nach einer sehr kontroversen Debatte mit | |
breiter Mehrheit. | |
Die CDU empfiehlt den Ländern nun neben dem Gymnasium eine "Oberschule", | |
unter deren Dach Haupt- und Realschulen vereint werden sollen. Schulgang | |
und -abschluß der Hauptschule will sie weiterhin erhalten - aber eben nicht | |
als eigenständige Institution. | |
Damit passt die CDU ihre Schulpolitik der veränderten Realität mit | |
sinkenden Schülerzahlen an und versucht, Schulschließungen auf dem Land zu | |
verhindern. Nur noch 17,6 Prozent der Achtklässler besuchen bundesweit eine | |
Hauptschule. In Bayern sind es dagegen noch knapp 30 Prozent, in | |
Baden-Württemberg über 26. Im Osten und im Saarland gibt es keine | |
Hauptschulen mehr. Weitere Länder planen deren Abschaffung. | |
Nach der heftigen Kritik vor allem aus den CDU-Landesverbänden Hessen und | |
Baden-Württemberg an dem zunächst von der Parteispitze viel klarer | |
formulierten Aus für die bisherige Hauptschule wurde in den Beschluss | |
aufgenommen: "Darüber hinaus stehen wir zu Haupt- und Realschulen sowie | |
integrativen Schulformen, wo diese funktionieren und dem Elternwillen | |
entsprechen." | |
## "Hauptschulpädagogik" bleibt erhalten | |
Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte vor der Abstimmung gemahnt: | |
"Die Schülerzahlen gehen dramatisch zurück." Viele Schulstandorte auf dem | |
Land blieben nur erhalten, wenn Haupt- und Realschulen zusammengelegt | |
würden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Schere zwischen Stadt und Land | |
weiter aufgeht." Und: "Noch zwei Prozent der Eltern wollen für ihre Kinder | |
einen Platz in der Hauptschule." Zu dem Leitantrag wurden 1.600 | |
Änderungsanträge eingereicht - so viele wie nie zuvor in der CDU bei einem | |
Thema. | |
Hessens CDU-Fraktionschef Christean Wagner räumte zwar Akzeptanzprobleme | |
der Hauptschule ein, bezeichnete sie aber als einen Grundsatz der CDU, der | |
nicht über Bord geworfen werden dürfe. "Das gehört auch zum Kompass", sagte | |
Wagner in Anspielung auf die Rede der Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel, am Vortag über Werte und Richtung der Christdemokraten. | |
Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) versicherte, | |
die "Hauptschulpädagogik" bleibe erhalten. Aber: "Wir bekennen uns zu | |
diesem Zwei-Säulen-Modell." Südwest-CDU-Fraktionschef Peter Hauk warnte: | |
"Irgendwann stehen wir beim Ein-Wege-Modell." Jeder Versuch der Eingrenzung | |
werde der Bildung nicht gerecht. "Wir müssen Vielfalt zulassen." Er stimmte | |
dem Kompromiss aber zu. | |
## Kein Hindernis durch Föderalismus | |
Schleswig-Holsteins CDU-Landesvorsitzender Jost de Jager sagte: "In Sachen | |
Schule versteht in Deutschland kein Mensch mehr, was los ist." Niemand | |
wolle eine zentrierte Bildungspolitik aus Berlin, aber der Föderalismus mit | |
unterschiedlichsten Schulabschlüssen und Lehrplänen sei für Eltern und | |
Schüler nicht mehr praktikabel und akzeptabel. Auch Niedersachsens | |
Ministerpräsident David McAllister (CDU) mahnte, der Bildungsföderalismus | |
solle nicht übertrieben werden. Die unterschiedlichen Schulformen dürften | |
kein "Mobilitätshindernis" für Eltern werden, die umziehen wollten. | |
Nach dem Willen der CDU soll es künftig für alle Kinder ein | |
verpflichtendes, beitragsfreies Kindergarten- oder Vorschuljahr vor der | |
Einschulung geben. Schavan sagte: "Bildung ist die soziale Frage des 21. | |
Jahrhunderts, die zentrale Frage für den Wohlstand und den Zusammenhalt | |
unseres Landes." Es sei wichtiger denn je, dass jedes Kind ein gute | |
Ausbildung habe. Die CDU spricht sich außerdem für islamischen | |
Religionsunterricht in deutscher Sprache und unter deutscher Schulaufsicht | |
aus. | |
15 Nov 2011 | |
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