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# taz.de -- Dichter-Denkmal: Tatort Kleiner Wannsee
> Trotz Anrainer-Protesten wurde das Grab Heinrich von Kleists und seiner
> Freundin saniert. Pünktlich zum 200. Todestag ist die Gedenkstätte wieder
> zugänglich.
Bild: 200 Jahre tot, doch nicht vergessen: Kleist "fand Unsterblichkeit".
Lange war es schäbig behandelt worden. Wer das Kleist-Grab am Kleinen
Wannsee suchte, fand es meist gar nicht. Die Beschilderung war mäßig, die
Grabstätte selbst glich einem verwilderten Ort. Davon ist jetzt keine Spur
mehr: Am heutigen Montag wird zum 200. Todestag Heinrich von Kleists (1777
bis 1811) die neue Grab- und Gedenkstätte nach einer aufwendiger Sanierung
neu eingeweiht. Der in Frankfurt/Oder geborene Kleist, beruflich und
literarisch damals gescheitert, hatte am 21. November 1811 erst seine
Lebensgefährtin Henriette Vogel und danach sich selbst am Kleinen Wannsee
erschossen. Seit dem Doppelsuizid sind beide hier beerdigt.
Mit einem breiten Konzept hat die Berliner Gartendenkmalpflege die
Grabstätte neu gestaltet. Das Grabmal des Dichters (Autor von "Das Käthchen
von Heilbronn") wurde instandgesetzt, der Grabstein restauriert und
beschriftet. Das zweite, kleinere Monument zur Erinnerung an Henriette
Vogel bauten die Denkmalschützer ab. Vogels Daten (1780 bis 1811) stehen
mit auf dem Kleist-Grabstein.
Rund 850.000 Euro haben der Senat und die Cornelsen-Kulturstiftung als
Spende für die Renovierung investiert. Bei der 2010 begonnenen Sanierung
wurden zudem die zum Teil zerstörte Gitterfassung und der gepflasterte
Platz an der baumbestandenen Ruhestätte komplettiert.
Entscheidend aber ist, dass die beiden Zugänge - vom S-Bahnhof Wannsee und
der von der Schiffsanlegestelle am Großen Wannsee - als Spazierwege
angelegt wurden und in einen "Landschaftspark eingebettet liegen", wie
Berlins Gartendenkmalchef Klaus von Krosigk betonte.
Ausblicke auf den Wannsee, die wegen des wuchernden Gestrüpps vorher nicht
möglich waren, gibt es nun auch: Besucher erleben das Kleist-Grab in einer
"offenen, arkadenartigen Kulturlandschaft", sagte Senatsbaudirektorin
Regula Lüscher auf der Pressekonferenz zur Fertigstellung des Kleist-Grabs.
Kulturstaatssekretär André Schmitz, der die Gedenkstätte am heutigen Montag
eröffnet, erhofft sich einen "neuen kulturellen Anziehungspunkt für die
Berliner und die Touristen in der Stadt".
Den hätte es fast nicht gegeben. Eine private Initiative wollte 2002 einen
Architekturwettbewerb zu Erneuerung der verwahrlosten Grabstätte
ausschreiben; die Bundeskulturstiftung, der Senat und die
Cornelsen-Stiftung planten das Gleiche 2009. Beide Male stießen die
Vorhaben auf heftigen Widerstand. Anrainer protestierten, Naturschützer
lehnten die Eingriffe in die Pflanzenwelt ab. Am schärfsten wandte sich der
ansässige Sport- und Ruderverein gegen die Erneuerungspläne der Grabstätte.
Bis dato ist ein Weg über das Sportgelände tabu. Wer von Süden zu
Kleist/Vogel möchte, muss einen weiten Bogen machen.
Die Grabstätte ist trotzdem gelungen - auch, weil sie die Geschichte des
Grabes reflektiert, so Lüscher. 1941 hatten die Nazis die Verse des
jüdischen Dichters Max Ring - "Er lebte, sang und litt, in trüber schwerer
Zeit, er suchte hier den Tod, und fand Unsterblichkeit" - auf dem Grab
getilgt und durch Zeilen aus dem "Prinz von Homburg" ersetzt. Bei der
Neugestaltung wurde der Grabstein um 180 Grad gedreht, die neue Rückseite
enthält die Inschrift von 1941 - die neue Vorderseite dagegen die
Lebensdaten von Kleist und Vogel und wieder die Verse von Max Ring.
20 Nov 2011
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
## TAGS
Theater
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