# taz.de -- Krisengipfel zu Gemeinschaftsanleihen: Bundesregierung gegen Eurobo… | |
> Die EU-Kommission schlägt Gemeinschaftsanleihen vor - sogar nach | |
> deutschem Muster. Doch Berlin mauert weiter, will den neuen Entwurf aber | |
> immerhin prüfen. | |
Bild: Mit "Stabilitätsbonds" will die EU-Kommission jetzt den Euro retten. | |
BRÜSSEL taz | Es wird wieder spannend in der Eurozone. Während die | |
Schuldenkrise immer mehr eskaliert, wollen sich Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und Italiens neuer | |
Regierungschef Mario Monti am Donnerstag zu einem Minikrisengipfel in | |
Frankreich treffen. Dabei werde man auch über Eurobonds sprechen, sagte | |
Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. | |
Bisher lehnt die Bundesregierung Gemeinschaftsanleihen aller 17 Euroländer | |
strikt ab. Doch inzwischen steht sie damit ziemlich allein: Am Mittwoch | |
will die EU-Kommission in Brüssel eine Machbarkeitsstudie vorstellen, in | |
der die Eurobonds ausdrücklich als Mittel gegen die Krise empfohlen werden. | |
Der Entwurf sickerte bereits durch und ist für Merkel und die anderen | |
Eurobonds-Gegner peinlich. | |
## Umtaufen in "Stabilitätsbonds" | |
Die Kommission geht nämlich auf viele Einwände aus Berlin ein - und nimmt | |
sie systematisch auseinander. So werden die Gemeinschaftsanleihen in | |
"Stabilitätsbonds" umgetauft, um den deutschen Sorgen um die Stabilität der | |
Eurozone entgegenzukommen. | |
Gleich zu Beginn der 42-seitigen Studie wird zudem erwähnt, dass gemeinsame | |
Anleihen nur denkbar wären, wenn zugleich die Kontrolle der Budgetpolitik | |
in den 17 Euroländern verschärft würde - dies fordert Merkel schon lange. | |
Machbar wären Eurobonds aus Brüsseler Sicht dennoch, und zwar sogar relativ | |
schnell. Die einfachste Lösung wäre, dass die Euroländer gemeinsame | |
Schuldscheine ausgeben, für die jedes Land anteilig haftet. | |
Ein ähnliches Modell wird bereits von den deutschen Bundesländern | |
praktiziert; nach Angaben der Kommission haben sich diese sogenannten | |
Jumbo-Bonds bestens bewährt. Eine Änderung am EU-Vertrag wäre nicht nötig. | |
Etwas komplizierter, da mit Vertragsänderungen verbunden, wären die anderen | |
beiden Vorschläge. So könnte die Eurozone ihre Schulden komplett | |
vergemeinschaften, so dass auch die Zinsdifferenzen verschwinden würden, | |
die Ländern wie Italien oder Spanien derzeit schwer zu schaffen machen. | |
Denkbar wäre auch, die Schulden nur bis zu einer bestimmten Grenze | |
gemeinsam zu finanzieren - etwa bis zur vom Maastricht-Vertrag zulässigen | |
Schwelle von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Umsetzung eines dieser | |
Modelle würde "signifikante" Vorteile bringen und könnte die Märkte rasch | |
beruhigen, heißt es in dem Kommissionspapier. | |
## Kein Allheilmittel | |
Das Dementi aus Berlin kam prompt: Eurobonds seien kein Allheilmittel, | |
sagte Seibert, obwohl er den Entwurf vermutlich nicht einmal gelesen hatte. | |
Aber man sei bereit, den Entwurf zu prüfen. | |
Allzu viel Zeit bleibt nicht mehr: Gestern spitzte sich die Krise erneut | |
bedrohlich zu. Spanien musste trotz des von den Märkten herbeigesehnten | |
Machtwechsels in Madrid erneut höhere Renditen für Staatsanleihen zahlen. | |
Und auch Frankreich geriet ins Visier der Spekulanten, nachdem die | |
Ratingagentur Moodys neue Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Landes | |
geäußert hat. Das Toprating AAA, das auch Deutschland hat, sei wohl nicht | |
mehr gerechtfertigt. | |
Leichte Entspannung zeichnet sich in Griechenland und Italien ab. | |
Griechenlands neuer Premier Lucas Papademos kam gestern nach Brüssel, um | |
sein Programm vorzustellen. Heute wird Italiens neuer Regierungschef Monti | |
erwartet. | |
21 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Finanzkrise | |
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