Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechtsextremismus in Schöneweide: Bunte Kühe gegen Nazis
> Seit Sommer tobt in der Nazihochburg Schöneweide ein "Kuhkrieg". Auf die
> Aktionen eines Jugendbündnisses reagieren Neonazis mit Gewalt.
Bild: Schöneweide wehrt sich: Einkaufsbeutel im Neonazi-Kiez.
Die Grafik erinnert an eine Kinderzeichnung: Zwei Kühe grasen auf einer
satten Wiese. Dazu Blumen, Gräser, Berge und Wolken. Eine ländliche Idylle.
Die Zeichnung stammt von einer 20-jährigen Jugendlichen vom Jugendbündnis
"BUNT statt Braun!" aus dem Bezirk Treptow-Köpenick. Darüber steht:
"Schöner weiden ohne Nazis!" Ein Wortspiel mit dem Ortsnamen "Schöneweide",
Berlins Nazihochburg. Die Jugendlichen kleben das Motiv überall im
Ortsteil: Aufkleber finden sich an Brückengeländern oder Verkehrsschildern.
Postkarten liegen in Geschäften aus. Ein Großplakat haben sie auch an der
Giebelwand der Nazikneipe "Zum Henker" in der Brückenstraße angebracht. Da
hing es nicht lange: Der untere Teil wurde in der ersten Nacht abgerissen.
"Ich hätte niemals gedacht, dass eine so naive Zeichnung die Nazis so
treffen kann", sagt Sebastian G. vom Jugendbündnis. Auch das hätte der
Mittzwanziger nicht gedacht: dass er seinen Namen in der Zeitung ändern
möchte, um nicht zur Zielscheibe für die Rechten zu werden. Denn seit dem
Sommer ist in der Nazihochburg Schöneweide ein regelrechter "Kuhkrieg"
ausgebrochen. "NS jetzt. Lasst die Kühe im Dorf. Schöneweide gehört uns",
haben die Rechten in der Nähe der Brückenstraße an mehrere Stellen mit
Sprühschablonen auf die Straße gesprüht. Auf der Website der Nazikneipe
"Zum Henker" war bis Oktober das Kuhmotiv verfremdet abgebildet: Auf eine
Kuh wurde mit einem Gewehr geschossen, sie quälte sich in ihrem Blut. "Das
zeigt uns, wie sehr sie von diesem einfachen Motiv getroffen werden", sagt
Sebastian G. Die Großflächenplakate bleiben oft nicht lange kleben.
Die Rechten reklamieren Schöneweide als ihren Kiez. Auch optisch. Immer
wieder werden hier Hakenkreuze oder andere rechte Parolen geschmiert.
Insbesondere in der Brückenstraße. Hier haben sie mit der Nazikneipe "Zum
Henker" den wichtigsten Treff für die rechte Szene Berlins. Rund 150 Meter
entfernt verkauft NPD-Landesvize Sebastian Schmidtke in seinem Laden
"Hexogen" T-Shirts und Militärhosen sowie Schlagwerkzeuge und Pfefferspray.
Zivilgesellschaftliche Gruppen gehen davon aus, dass diese beiden Läden
nicht die einzigen von Rechten betriebenen Läden in Schöneweide sind.
Im Juli haben Vertreter des Jugendbündnisses, darunter Sebastian G., eine
graue Garagenwand in der Brückenstraße mit Einverständnis des Eigentümers
bunt besprüht. Unter Polizeischutz übrigens. Den hatten die Jugendlichen
zwar für so eine vermeintlich harmlose Sprühaktion für überflüssig
gehalten, doch alteingesessene Schöneweider haben ihnen dazu geraten. Auf
die Betonwand sprühten sie eine Wiese mit Blumen und Schmetterlingen, dazu
die beiden Kühe und den Schriftzug "Schöner weiden".
Doch die Jugendlichen hatten die Gewaltbereitschaft der Rechten in
Schöneweide unterschätzt. Mehrere der Sprüher wurden nach Angaben von G.
auf dem Nachhauseweg verfolgt. "Wir wurden in eine Sackgasse getrieben. Wir
wurden bedroht. Wäre nicht rechtzeitig die Polizei gekommen, wäre es zu
Gewalt gekommen." Die Polizei hatte den Jungs zur Anzeige geraten. "Wir
haben uns das genau überlegt, aber dann doch darauf verzichtet. Wir wollten
einfach nicht, dass die Rechten unsere Personalien haben." Die Angst, die
sollte einfach nur aufhören. Aber Kühe werden weiter grasen in Schöneweide.
22 Nov 2011
## AUTOREN
Marina Mai
## ARTIKEL ZUM THEMA
Protest gegen den "Henker": Braune Straße ist No-Go-Area
Die für heute abend geplante Anti-Nazi-Demo darf nicht durch die
Brückenstraße in Schöneweide führen. Die Polizei will damit die
Privatsphäre von Anwohnern und NPD-Landeschef Schmidtke schützen.
Neonazi-Symbolik: Rote Fahnen statt Hakenkreuzen
Neonazis sind nicht mehr so leicht erkennbar, sie kopieren sogar linke
Symbole. Eine Ausstellung erklärt die neuen Codes - in einem Kiez, den die
Rechten dominieren
Demo gegen rechte Läden: Schöneweide bekommt ganz viel Besuch
Einträchtig demonstrieren schwarzer Block und Bürgerliche zu mehreren
Hundert gegen einen neuen Naziladen in Schöneweide.
Neuer Laden in Schöneweide: Campingbedarf im Nazi-Kiez
Unmittelbar neben der Nazi-Kneipe "Zum Henker" will ein Kleiderladen
eröffnen. Der NPD-Landesvize Sebastian Schmidtke geht bereits ein und aus.
Polizei beobachtet die Entwicklung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.