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# taz.de -- Protest gegen den "Henker": Braune Straße ist No-Go-Area
> Die für heute abend geplante Anti-Nazi-Demo darf nicht durch die
> Brückenstraße in Schöneweide führen. Die Polizei will damit die
> Privatsphäre von Anwohnern und NPD-Landeschef Schmidtke schützen.
Bild: Gegen die Kneipe "Zum Henker" wurde vor Ort schon öfter demonstriert, hi…
Die Polizei kapituliert vor NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke. Sie
untersagte den Anmeldern des für heute Abend angemeldeten
Demonstrationszugs gegen die Nazikneipe „Zum Henker“ und rechte Strukturen
in Schöneweide in einem schriftlichen Bescheid, durch die Brückenstraße zu
laufen. In dieser gut 300 Meter langen „braunen Straße“ befinden sich die
Kneipe und auch Schmidtkes Szene- und Waffenladen „Hexogen“. Genau dort
wollen Grüne, Linke und SPD ihren Protest äußern. Vor „Henker“ und
„Hexogen“ waren bislang Zwischenkundgebungen geplant gewesen.
In dem Auflagenbescheid argumentiert die Polizei mit dem Schutz der
Privatsphäre von Sebastian Schmidtke. Der NPD-Politiker würde unter
falschem Namen in der Brückenstraße wohnen. „Telefonisch wurde uns außerdem
mitgeteilt, Schmidtke hätte mit dem Weg zum Verwaltungsgericht gedroht,
falls der Demonstrationszug an seiner Wohnung vorbeiführen sollte“, sagt
Silvio Kurz vom Demo-Veranstalter Antifaschistisches Bündnis Südost. Für
Kurz ist die Reaktion der Polizei „vorauseilender Gehorsam“. Er habe einen
Anwalt beauftragt, gegen die Auflage vor dem Verwaltungsgericht zu klagen,
sagt er der taz. Mit einer Entscheidung ist jedoch erst kurz vor Beginn der
Demonstration gegen 18 Uhr zu rechnen. Dem Gerichtsentscheid dürfte
grundsätzliche Bedeutung zukommen: Sobald ein prominenter Nazi an einer
geplanten Demostrecke wohnt, könnten Proteste wegen des Schutzes seiner
Privatsphäre untersagt werden. Die Brückenstraße in Schöneweide ist längst
das Zentrum der gewaltbereiten rechten Szene der Stadt. Zum Zeitpunkt der
Demonstration will der „Henker“ in seinen Räumen sein dreijähriges Besteh…
feiern.
„Wir hatten eine Abwägung zu treffen zwischen dem Demonstrationsrecht und
dem Grundrecht auf Privatsphäre. Wir haben uns für das Grundrecht auf
Privatsphäre entschieden“, sagt Polizeisprecher Carsten Müller. Er verweist
auf eine Gerichtsentscheidung, die es Flughafengegnern untersagt hatte, an
der Wohnung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)
vorbeizulaufen.
Das sieht die Rechtsextremismusexpertin der Grünen, Clara Herrmann, anders:
„Die Flughafengegner durften immerhin in Sicht- und Hörweite von Wowereits
Wohnung lärmen.“ Hier werde in einer ganzen Straße der Protest untersagt.
Außerdem gehe es hier um Protest gegen braune Strukturen in der
Brückenstraße. „Da nützt es den Demonstranten nichts, durch die zweite
Parallelstraße zu laufen.“
Für Hans Erxleben, Linken-Bezirkspolitiker und Sprecher des
überparteilichen Bündnisses für Demokratie und Toleranz in
Treptow-Köpenick, ist der Polizeibescheid „ein einmaliger politischer
Skandal“. Es sei nicht hinzunehmen, „dass organisierte Neonazis diktieren
können, in welcher Form Protest geäußert werden darf“. Den Bürgerinnen und
Bürgern werde der direkte demokratische Protest gegen Neonazi-Strukturen
untersagt.
Mehrere Mitglieder des Abgeordnetenhauses wie Clara Herrmann und Harald
Moritz von den Grünen, Uwe Doering und Hakan Tas von den Linken sowie der
Jugendstadtrat von Treptow-Köpenick Gernot Klemm (Linke) und
Bezirkspolitiker aller demokratischen Parteien haben ihr Kommen
angekündigt. Bereits letzten Sommer hatte ein überparteiliches Bündnis mit
knapp 1.000 Teilnehmern friedlich gegen die Eröffnung von Schmidtkes
„Hexogen“ protestiert.
2 Mar 2012
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
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