# taz.de -- Präsidentenwahl in Südossetien: Kreml interveniert nach Niederlage | |
> Ein Gericht erklärt die Wahl in Südossetien für ungültig - der | |
> russlandtreue Kandidat hatte verloren. Seine oppositionelle Widersacherin | |
> gibt sich nicht geschlagen. | |
Bild: Sieht sich als rechtmäßige Siegerin bei der Stichwahl um das Präsident… | |
MOSKAU taz | Im Zentrum der südossetischen Hauptstadt Zchinwali haben sich | |
am Dienstag rund tausend Anhänger der Präsidentschaftskandidatin Alla | |
Dschiojewa versammelt und deren Anerkennung als Wahlsiegerin verlangt. | |
Sie hatte am Wochenende in der Stichwahl nach Angaben der Wahlkommission | |
56,7 Prozent der Stimmen erhalten. Der Kandidat des Kreml, Anatol Bibilow, | |
musste mit 40 Prozent vorliebnehmen. Bibilow legte beim Obersten Gericht | |
umgehend Beschwerde wegen Wahlbetrugs ein. | |
Am Dienstagabend entschied das Oberste Gericht, die Wahl zu annullieren. | |
"Alle vorgebrachten Beschwerden haben sich bestätigt", hieß es. Neben der | |
Annullierung der Ergebnisse verfügte das Gericht auch, dass Dschiojewa am | |
nächsten Wahlgang, den das Parlament für den 25. März 2012 ansetzte, nicht | |
teilnehmen darf. Dschiojewa sagte gegenüber Echo Moskwy, sie werde sich mit | |
dieser "rechtswidrigen Entscheidung" nicht abfinden. | |
Offensichtlich ist die Entscheidung des Gerichts auf eine Intervention | |
Moskaus zurückzuführen. Nach der Niederlage Bibliows musste sich der Kreml | |
zuhause Hohn und Spott gefallen lassen. In einer so kleinen Republik, die | |
total von Russland abhängig ist, schaffe es der Kreml nicht, seinen | |
Kandidaten durchzubringen, schrieb der Kommersant. Sei dies nicht ein | |
schlechtes Omen für die Dumawahlen am kommenden Sonntag? | |
## Immer noch eine Trümmerlandschaft | |
Bibilow war demonstrativ von Russlands Präsident Dmitri Medwedjew als | |
Moskaus Statthalter in den besetzen Gebieten unterstützt worden. Eine | |
ähnliche Niederlage war dem Kreml bereits in Abchasien, der anderen | |
abtrünnigen Republik Georgiens, widerfahren. Im Unterschied zu Russland | |
verlaufen Wahlen dort nach demokratischen Regeln. Die EU, Georgien und die | |
Nato erkennen den Wahlgang ohnehin nicht an, da die Teilrepublik | |
völkerrechtlich zu Georgien gehört. | |
2008 war Moskau in einem Blitzkrieg gegen Georgien in Südossetien | |
einmarschiert und hatte der Republik die staatliche Unabhängigkeit | |
geschenkt. Seither ist die Bergregion nicht mehr allein Georgiens, sondern | |
auch Russlands Sorgenkind. Der Streit um die Präsidentschaft ist eine | |
Auseinandersetzung der führenden Klans in der bettelarmen Republik. Der | |
scheidende Präsident Eduard Kokoiti wird seit Langem verdächtigt, die | |
russischen Subventionsgelder zweckwidrig verwendet zu haben. | |
Zchinwali ist drei Jahre nach dem Einmarsch immer noch eine | |
Trümmerlandschaft. Milliarden-Rubel-Beträge für den Wiederaufbau | |
verschwanden. Präsidentschaftskandidat Bibilow ist kein Wunschkandidat | |
Kokoitis, er gehört aber zur Seilschaft des alten kriminellen Klans, der an | |
der Sezession mit verdient. Moskau legt darauf Wert, weil die Verstrickung | |
Loyalität garantiert. | |
Vergangene Woche hatte Kremlchef Medwedjew bei einem Besuch im Kaukasus vor | |
Militärs offen auch den wahren Grund des Georgienfeldzuges genannt. "Hätten | |
wir 2008 gewankt, würde es ein anderes geopolitisches Kräfteverhältnis | |
geben. Länder, die man künstlich in die Nato hineinzuziehen versuchte, | |
wären wahrscheinlich schon drin." | |
29 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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