# taz.de -- Erika Steinbach ist im Netz: Geschichtstwitterung | |
> Am Wochenende hat die Chefin des Bundes der Vertriebenen und CDU-MdB | |
> ihren ersten Tweet gesendet: "Guten Tag! Hurra, ich bin da!!!". Doch | |
> freut das auch die Community? | |
Bild: Steinbach mit einem Follower am Apparat. | |
Das Netz ist ein tolerantes Medium, aber seine Nutzer sind es keineswegs | |
immer. Nun wird ihre Toleranz auf eine harte Probe gestellt: Die | |
CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, | |
Erika Steinbach, twittert. | |
Spätestens seitdem Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der | |
Unionsfraktion im Bundestag, mit Twitter eine ganz neue Welt entdeckt hat, | |
gilt der Nachrichtendienst als erste Wahl für Onlinekommunikation auch in | |
konservativen Politikerkreisen. Altmaier stieß als progressiver | |
Pizza-Connection-Mann noch auf breitere Grundsympathien. Doch nun schicken | |
sich auch die Umstritteneren unter den Unionsabgeordneten an, den | |
Selbstversuch auf 140 Zeichen zu wagen: Am 1. Dezember um exakt 16:50 | |
standen das erste Mal öffentliche Zeichen im Strom der Nutzerin | |
SteinbachErika: "Guten Tag ! Hurra, ich bin da !!!" | |
Anfänglich war im Netz vor allem Skepsis vorherrschend, ob das überhaupt | |
die "echte" SteinbachErika sein könnte – immerhin gab es unter dem | |
Usernamen ErikaSteinbach bereits eine nicht ganz so echte Vorgängerin, die | |
den TV-Tipp "Panzer gegen Polen" in der ARD twitterte. Und auch falsche | |
Innenminister, SPD-Parteivorsitzende und andere Politprominenz gehören zur | |
deutschen Twittergeschichte. Nun also Erika Steinbach, CDU-MdB, | |
menschenrechtspolitische Sprecherin der Partei und in Polen ungleich | |
bekanntere Politikerin als in Deutschland. | |
Die 1943 von erst nach Kriegsbeginn dorthin gezogenen Eltern im besetzten | |
Polen geborene Steinbach ist in den vergangenen Jahren immer wieder in die | |
Schlagzeilen geraten: Nachdem sie zu der Gruppe der Unionsabgeordneten | |
gehörte, die im November 1990 die Oder-Neiße-Grenze im Bundestag ablehnten | |
und sich immer wieder in sehr spezieller, teils revisionistisch anmutender | |
Weise der Beziehung zu den östlichen Nachbarstaaten der Bundesrepublik | |
widmeten, galt Steinbach dort als Vertreterin der hässlichen Deutschen. | |
## Platte Autoreifen, Tippfehler, Laubharken | |
Ob Steinbach sich auch auf Twitter zu diesen Themen äußern will, ist | |
derzeit noch nicht bekannt: momentan sind ihre Einträge inhaltlich nicht | |
wesentlich über platte Autoreifen, Tippfehler und Laubharken | |
hinausgegangen. Doch von großer Freude über den Zuwachs kann in der | |
Nutzerschaft auch nicht berichtet werden: "Keine Grüße aus Warschau" | |
bestellte einer. | |
Historisch gilt die Netznutzerschaft als im akademischen Milieu beheimatet | |
und links. Erst jüngst ermittelte die Forschungsgruppe Wahlen, dass die | |
Netznutzer politisch eher mitte-links zu verorten sind: so sind zwar 88 | |
Prozent der Grünen- und FDP-Anhänger online, doch nur 71 bzw. 70 Prozent | |
der Unions- und SPD-Anhänger. | |
Ob Erika Steinbach mit dem direkten Feedback aus dem Internet zurechtkommen | |
wird oder ob sie die erste bekannte Politikerin wird, die Twitter wieder | |
den Rücken kehrt, bleibt abzuwarten. Sie solle diesmal nicht traurig sein, | |
sollte sie von Twitter vertrieben werden, meinte ein Nutzer zur Begrüßung | |
des Neuzuwachses. | |
4 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Falk Lüke | |
## TAGS | |
Erika Steinbach | |
CDU | |
Schwerpunkt Meta | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Erika Steinbach tritt nicht mehr an: Die Vertriebene macht Platz | |
Für viele war sie Lieblingsfeindin, für andere standhafte | |
Menschenrechtlerin: Die Chefin des Bundes der Vertriebenen hört auf. | |
Wahlkreisnominierungen bei der CDU: Steinbach gewinnt, Merkel thront | |
Erika Steinbach gewinnt in einer Kampfabstimmung gegen zwei jüngere | |
Herausforderer. Angela Merkel räumt derweil ab: mit 100 Prozent Zustimmung. | |
Neue CDU-Gruppe für Netzpolitik: Das dicke Digitalbrett | |
Die Unionsparteien haben ihre Mühe mit der Netzpolitik. Doch nun gibt es | |
einen neuen Verein: Das CNetz könnte es schaffen zugleich konservativ und | |
technikpositiv zu sein. | |
Kommentar Steinbach auf Twitter: Ein Dank an Erika Steinbach | |
Erika Steinbach offenbart auf Twitter ihre Links-Rechts-Schwäche. Ein | |
Windchen der Entrüstung bricht los und zeigt den Wert einer Kurznachricht | |
für die politische Bildung. | |
Twitter-Projekt zum Zweiten Weltkrieg: Panzerschlachten in der Timeline | |
Wie lebten Menschen während des Zweiten Weltkrieges? Der Twitter-Stream | |
@RealTimeWWII versucht, Geschichte erlebbar zu machen. Eins zu eins, sechs | |
Jahre lang. | |
Facebook-Flop des österreichischen Kanzlers: Failmann schlägt Faymann | |
In seinem Facebook-Profil bejubeln Fans den österreichischen Bundeskanzler | |
Werner Faymann. Dumm nur, dass es keine echten Nutzer sind. |