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# taz.de -- Gefälligkeitsgutachten für Atomlobby: Humboldt-Uni verschleppt Au…
> Bei der Aufklärung der Affäre um ein Gefälligkeitsgutachten für die
> Atomlobby lässt sich die Humboldt-Uni Zeit. Kritiker vermuten als Grund
> den Exzellenzwettbewerb.
Bild: Ort der Gelassenheit: die Humboldt Universität in Berlin.
BERLIN taz | Er ließ sich von der Atomlobby einspannen, kassieren durfte
seine Frau: Auch einen Monat nach Bekanntwerden der Affäre um den Professor
Joachim Schwalbach legt die Berliner Humboldt Universität keinen besonderen
Aufklärungseifer an den Tag. Nichtregierungsorganisationen kritisieren
jetzt die schleppende Aufklärung der Hochschulleitung - und fordern eine
schnelle Klärung des Falls.
In ihrer Ausgabe vom 29. Oktober hatte die taz über eine Kampagne des
Deutschen Atomforums und einen Auftrag an den Berliner
Wirtschaftswissenschaftler Joachim Schwalbach berichtet. Der Ökonom sollte
vor der Bundestagswahl 2009 für die Atomlobby eine Studie anfertigen, in
der er die "Gesellschaftsrendite" der Kernenergie errechnete.
Die Studie, die fester Bestandteil einer detailliert geplanten
Öffentlichkeitskampagne war, sollte jedoch nicht an der Universität
angedockt, sondern mit 135.000 Euro über die Ehefrau des Professors bezahlt
werden - nicht nur ein Verstoß gegen akademische Anstandsregeln, sondern
mutmaßlich auch gegen die Nebentätigkeitsregelungen des Beamtenrechts -
weil Schwalbach die heikle "Nebentätigkeit" offenbar verschwieg.
## Stellungnahme gefordert - ohne Frist
Schwalbach argumentiert, er selbst habe für die Arbeit kein Geld bekommen
und seiner Frau, die aus dem gemeinsamen Wohnhaus heraus
Marketingleistungen anbietet, lediglich kostenlos zugearbeitet. Nach
Angaben der mit der Kampagne beauftragten Lobbyagentur sei Schwalbachs Frau
jedoch nur "auf seinen Wunsch hin" beauftragt worden. Die Ergebnisse
sollten aber unter dem Label der Universität präsentiert werden.
Die Humboldt Universität, an der der "Professor Dankeschön" tätig ist,
erfuhr davon aus der taz. Doch obwohl alle Fakten auf dem Tisch liegen, hat
die Uni, die sich im Exzellenzwettbewerb derzeit um den Titel der
"Eliteuniversität" bewirbt, bis heute noch keine disziplinarischen Schritte
eingeleitet. Aus dem Präsidium heißt es lediglich, Schwalbach sei
aufgefordert worden, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Eine Frist
dafür gebe es nicht.
Wann der Ökonom, der seit der Veröffentlichung nicht mehr auf taz-Anfragen
reagiert, sich äußert, ließ die Uni offen. Eine Entscheidung dazu, ob die
Hochschule überhaupt disziplinarrechtliche Maßnahmen ergreift, sei nicht
vor Januar 2012 zu erwarten, heißt es.
## Schwalbach moderiert Workshop über Transparenz
Diese Gemütlichkeit sorgt jetzt für Kritik. Ulrich Müller, Geschäftsführer
der lobbykritischen Organisation Lobby Control, sagte der taz: "Wir wissen
ja, dass an Unis die Mühlen langsamer mahlen. Aber bei solch gravierenden
Vorwürfen ist zu erwarten, dass eine Hochschulleitung die Klärung nicht
über Wochen verschleppt."
Der Bund demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi) vermutet, "dass die
derzeitige Bewerbung der Universität im laufenden Exzellenzwettbewerb eine
Rolle dabei spielt, den Fall so zaghaft zu behandeln", wie Geschäftsführer
Torsten Bultmann sagte. "Warum Unipräsident Olbertz nicht die Flucht nach
vorn antritt und auf diese Weise Führungsstärke beweist, ist nicht zu
erklären."
Joachim Schwalbach redet derweil an anderer Stelle über Transparenz - aber
vermutlich nicht über sich: Auf Einladung des Bundesarbeitsministeriums
moderiert der Wissenschaftler am Donnerstag einen Workshop unter dem Titel
"Transparenz und Messbarkeit".
Auf dem Podium soll auch Edda Müller, Vorsitzende von Transparency
Deutschland, sitzen. Sie hatte die Praxis des Wissenschaftlers zuvor
kritisiert. Thema soll aber nicht die soziale Verantwortung von
Wissenschaftlern, sondern die von Unternehmen sein. Das Ministerium betont:
Für die Moderation der Transparenzdebatte erhalte Herr Schwalbach kein
Honorar.
10 Dec 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
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Professors, an den für eine Studie 135.000 Euro fließen sollten - über das
Konto der Frau.
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