# taz.de -- Pro-Atom-Studie an der HU: Uni lässt es gut sein mit der Aufkläru… | |
> Ein Professor von der Humboldt-Universität will für 135.000 Euro eine | |
> Pro-Atom-Studie schreiben. Die Universität verspricht den Fall zu prüfen | |
> – seitdem mauert sie. | |
Bild: Von außen ist alles edel an der Humboldt Uni in Berlin. | |
BERLIN taz | In der Affäre um Professor Joachim Schwalbach setzt die | |
Berliner Humboldt-Universität auf Schweigen. Weil das private Interesse des | |
umstrittenen Professors höher wiege als das öffentliche | |
Aufklärungsinteresse, will die Hochschule sich zu offenen Fragen in der | |
Affäre nicht mehr verhalten. | |
Im Oktober 2011 hatte die taz ausführlich über den Fall des Berliner | |
Professors Joachim Schwalbach berichtet. Der Ökonom hatte sich bereit | |
erklärt, im Auftrag des Deutschen Atomforums eine Studie auszuarbeiten, die | |
die „Gesellschaftsrendite der Kernenergie in Deutschland“ darstellen | |
sollte. | |
Die Studie war Bestandteil einer Lobbykampagne mit dem Ziel, bis zur | |
Bundestagswahl 2009 eine „Grundstimmung pro Laufzeitverlängerung“ | |
herzustellen. In internen Firmendokumenten, die die taz veröffentlichte, | |
wurde diese Studie unter Verweis auf die Berliner Humboldt-Universität | |
beworben. | |
Obwohl es nach unabhängigen Aussagen verschiedener Beteiligter bei dem | |
Auftrag allein um die Expertise Schwalbachs gegangen sei, ließ der | |
Professor das Geschäft nach Darstellung der früheren Auftraggeber jedoch | |
über seine Ehefrau anbahnen. | |
Diese betreibt im gemeinsamen Wohnhaus eine „Kommunikations- und | |
Managementberatung“. Für die Lobbystudie sollten 135.000 Euro fließen. Die | |
Studie wurde jedoch nicht fertiggestellt, weil das Exposé selbst den | |
Auftraggebern zu unbelastbar schien. Später floss eine niedrigere Summe. | |
Schwalbachs Verhalten sorgte nicht nur unter Wissenschaftlern für | |
Kopfschütteln, sondern warf auch Fragen nach einem dienstrechtlichen | |
Vergehen und einer zuverlässigen Kontrolle der Nebentätigkeiten von | |
Professoren auf. | |
In einem Interview mit der taz hatte der Präsident der | |
Humboldt-Universität, Jan-Hendrik Olbertz, nach der Veröffentlichung | |
eingeräumt, dass Schwalbach den umstrittenen Auftrag nicht als | |
Nebentätigkeit angemeldet habe. Die Universität werde den Vorgang prüfen. | |
## „Öffentliches Interesse nicht erkennbar“ | |
Olbertz hatte gesagt, Professor Schwalbach „sieht selbst, dass er einen | |
Fehler gemacht hat, dessen Konsequenzen fatal sind“. Organisationen wie | |
LobbyControl und der Bund demokratischer WissenschaftlerInnen haben bereits | |
eine zügigere Aufklärung der Affäre gefordert. Doch die Universität | |
schweigt weiterhin zu der Frage, welche Konsequenzen denn folgten – oder ob | |
überhaupt Konsequenzen gezogen wurden. | |
Nur eines ließ die Hochschulleitung inzwischen knapp mitteilen: Der | |
Präsident habe die „Vorkommnisse sorgfältig prüfen lassen“ und dem | |
Professor „seine Auffassung zu den Abläufen“ mitgeteilt. Welche Auffassung | |
der Hochschulpräsident vertritt, ob überhaupt ein Disziplinarverfahren | |
eröffnet wurde und wie es ausging, ist jedoch nicht klar. | |
Die taz versuchte mehrfach, Antworten darauf von der Hochschule zu | |
erhalten. Sie sieht ein öffentliches Interesse an dem Fall und möchte | |
wissen, wie die Universität mit diesem Fall umgeht und ob gegebenenfalls | |
ein Schlupfloch für zehntausende Professoren, also gesetzlicher | |
Regelungsbedarf bestehen könnte. In einem siebenseitigen Schreiben an die | |
taz führt die Universität dagegen detailliert auf, weshalb sie inhaltliche | |
Fragen zu dem Fall unbeantwortet lässt. | |
Wörtlich heißt es darin: „Bezogen auf den Vorgang einer (etwaigen) | |
Genehmigung einer Nebentätigkeit ist ein öffentliches Interesse an einer | |
Berichterstattung nicht erkennbar.“ Die Hochschule begründet ihre | |
Informationspolitik mit „schutzwürdigen privaten Interessen“ Schwalbachs: | |
„Auf Nachfrage hat Prof. Schwalbach der Erteilung jeglicher Auskünfte, sein | |
Dienstverhältnis an der Universität betreffend, untersagt.“ Auch sei „nic… | |
erkennbar und auch nicht dargetan, dass eine Beeinträchtigung, geschweige | |
denn eine erhebliche Beeinträchtigung, des Gemeinwohls vorliegen soll.“ | |
Mehr noch: Die Universität argumentiert, bei der Tätigkeit Schwalbachs habe | |
es sich um eine „erkennbar außeruniversitäre Handlung“ gehandelt – weil… | |
Geschäft formal über dessen Ehefrau lief. | |
19 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
S. Heiser | |
M. Kaul | |
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