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# taz.de -- "Tatort" aus Hamburg: Islamist ohne Migrationshintergrund
> "Der Weg ins Paradies", ein "Tatort" aus Hamburg, zeigt Islamismus ohne
> Hinterhof-Moscheen und Import-Export-Läden. Leider tritt die Handlung in
> den Hintergrund.
Bild: Der Böse mit dem starren Blick? Christian Marschall (Ken Duken).
Christian Marshall könnte eigentlich Everybody's Darling sein. Nur dass
manche Männer vor Neid erblassen dürften, weil Marshall (Ken Duken) so
verdammt gut aussieht. Und so richtig intelligent – Abi-Schnitt 0,9 – ist.
Und dabei noch so sozial engagiert, dass er vorwiegend türkisch- und
arabischstämmigen Kindern in Hamburg Nachhilfe in Mathe gibt.
Doch Marshall ist ein deutscher Konvertit, der neben Rechnen und Geometrie
auch noch islamistischen Hass auf die Ungläubigen predigt, selbst schon in
Pakistan im Ausbildungslager war und mit seiner kleinen Hamburger Zelle den
nächsten Terror-Anschlag längst geplant hat.
Dass Cenk Batu, der Hamburger Ausnahme-Kommissar, sich bei seinem leider
vorletzten Auftritt ausgerechnet dieses Mal sogar ein kleines bisschen
verlieben darf, passt also gar nicht. Denn Batu (noch besser als sonst:
Mehmet Kurtulus) soll im gemeinsamen Auftrag der Hamburger Polizei und des
BKA als vermeintlich gerade aus dem syrischen Knast freigekommener Heiliger
Krieger Marshalls Gruppe unterwandern und den Anschlag verhindern.
Der Wettbewerb im Auf-die-Ungläubigen-schimpfen, der am Ende zum packenden
Wettlauf gegen die Zeit gerät, hat Lars Becker (Buch und Regie) gleich
doppelt gelungen inszeniert: Als Thriller, der weit über den üblichen
"Tatort"-Durchschnitt hinausgeht – auch wenn er auf eine kleine tricksende
Wendung à la Edgar Wallaces Chinese im Schrank nicht verzichten kann.
## Islamismus für den soliden deutschen Mittelstand
Aber vor allem als Film, der eine ganz andere Auseinandersetzung mit
religiösem Fanatismus und seinen Hintergründen und Protagonisten wagt, als
das sonst handelsüblich ist. "Der Weg ins Paradies" kommt ohne
Hinterhof-Moscheen und schmuddelige Import-Export-Läden aus, in denen so
oft das Böse mit dem starren Blick aus dem deutschen Fernsehen ins deutsche
Wohnzimmer strahlt.
Er führt den Islamismus in den soliden deutschen Mittelstand, ohne andere
Faktoren wie die Überheblichkeit des deutschen Vorarbeiters gegen seine
ausländischen Mitarbeiter (die gepflegteres Deutsch sprechen als er selbst)
auszublenden.
Dabei ist der Film nie bevormundend, auch wenn die reine Krimi-Handlung
leicht in den Hintergrund tritt. Doch deren Ergebnis ist ja eh von Anfang
klar: Um 20.15 Uhr fliegt im deutschen Fernsehen nunmal Hamburg nicht in
die Luft. Ob wegen der Darstellung der BKA-Einsatzleitung als Vollpfosten
ARD-Anstalten, die sich den Staatsorganen besonders verpflichtet fühlen,
Anstoss nehmen, bleibt abzuwarten.
Hamburg-"Tatort: Der Weg ins Paradies"; So., 20.15 Uhr, ARD
17 Dec 2011
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
„Islamischer Staat“ (IS)
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