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# taz.de -- Neonazi-Morde und Behörden: Gezerre um die Aufklärung
> Wie lässt sich das Behördenversagen im Fall der Neonazi-Morde am besten
> untersuchen? Die Parteien streiten sich, jetzt hängt es an der SPD. Und
> die streitet auch.
Bild: Rechtes Graffito in Johanngeorgenstadt, wo ein Unterstützer des Terrortr…
BERLIN taz | Die Bundestagsparteien sind sich weiterhin uneins darüber, wie
sie das Versagen der Behörden im Fall der Zwickauer Nazizelle aufklären
sollen. Vor allem in der SPD gibt es widerstreitende Interessen. So
liebäugelt die Fraktionsspitze mit einer Bund-Länder-Kommission, andere
Abgeordnete plädieren hingegen für einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss.
Den hatten Linkspartei und Grüne bereits vergangene Woche beantragt. "Wir
sind den Opfern eine umfassende und rückhaltlose Aufklärung schuldig. Das
geht nur mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der keine
Rücksicht nimmt auf parteipolitische Interessen", sagte die grüne
Fraktionschefin Renate Künast zur taz. Geht es nach den Grünen, soll der
Ausschuss klären, wie V-Leute ausgewählt und geführt wurden und warum es
keine Zusammenarbeit von Verfassungsschutzbehörden unterschiedlicher Länder
gab.
Auch für die Linkspartei ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss
"unabdingbar", so ihr innenpolitischer Sprecher Wolfgang Neskovic. "Nur ein
Ausschuss hat das Recht, Zeugen zur Aussage zu bewegen. Nur so kann auch
die Beteiligung der Öffentlichkeit garantiert werden."
Im Fall der rechtsextremen Mordserie werden Verfassungsschutz und Polizei
verdächtigt, willentlich oder unwillentlich die frühzeitige Festnahme der
untergetauchten Täter vereitelt haben. Nach Artikel 44 Grundgesetz muss der
Bundestag auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen
Untersuchungsausschuss einsetzen.
Dafür reichen die Stimmen von Grünen und Linken allerdings nicht aus. Die
FDP wiederum hätte am liebsten einen Sonderermittler. Einem
Untersuchungsausschuss ist sie zwar nicht abgeneigt. Sie will aber nicht
allein mit Grünen und Linken dafür stimmen.
## Ende der Einmütigkeit
Also hängt alles an der SPD - und die ist gespalten. Die Fraktionsspitze
bevorzugt eine Bund-Länder-Kommission, die von Bundesrat und Bundestag
beschlossen werden müsste. Auch die Union plädiert für solch eine
Kommission. Unter anderem, weil der "Schwerpunkt der Pannen" in den Ländern
liege, wie Peter Altmaier sagt, Parlamentarischer Geschäftsführer der
CDU-Fraktion.
Eine Bund-Länder-Kommission wäre ein Novum. Da ihre rechtlichen Kompetenzen
völlig unklar sind, befürchtet Neskovic deswegen eine "reine
Showveranstaltung zur Beruhigung der Öffentlichkeit". Kritisch sieht er vor
allem die Haltung der SPD: "Sie will keine öffentliche Aufklärung und
vermeiden, dass auch das offenkundige Versagen von Innenministern mit
SPD-Parteibuch thematisiert wird", sagte Neskovic zur taz.
Doch so eindeutig ist die Lage nicht. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz
hält eine Bund-Länder-Kommission zwar für die bessere Lösung, weil sie
schneller arbeiten könne - und das sei dringend notwendig: "Wir brauchen
klare Ergebnisse innerhalb eines halben Jahres", so Wiefelspütz zur taz.
Er glaubt aber nicht, dass sich die SPD einem Untersuchungsausschuss
verschließen würde. "Wenn Grüne und Linkspartei das wollen, dann wird die
SPD das mittragen." Ihm zufolge könne es auch "beides geben": Ausschuss und
Bund-Länder-Kommission.
Bis Anfang Januar will sich die SPD entscheiden, danach müssen die Parteien
untereinander eine Lösung finden. "Ich will, dass der ganze Bundestag in
dieser Frage einig ist", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
SPD-Fraktion, Thomas Oppermann.
Beim Gedenken an die Opfer der Nazimorde hatte der Bundestag in seltener
Einmütigkeit den Beschluss zur lückenlosen Aufklärung gefasst. Mit dieser
Einigkeit ist es bereits vorbei.
18 Dec 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
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