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# taz.de -- Fizzelwasser Club-Mate: Hallo, waaAAAAAACH!!
> Ab Dienstag trifft sich in Berlin die Hackerszene. Mit dabei: die
> Hackerbrause Club-Mate – inzwischen auch Trendgetränk aller Hipster. Wie
> konnte es so weit kommen?
Bild: Es darf nur Club-Mate sein, denn Cola ist zu langweilig und Rhabarberscho…
Ein kleiner Schluck gedämpften Hasses
Ah, Club-Mate! Getränk der Rastlosen, der Partyhungrigen, der Hipster. Kaum
eine Brause ist symbolisch derart aufgeladen. Eigentlich müsste allein der
hässliche Eso-Indianer auf der Flasche abschrecken. Doch die Hipster
trinken das Zeug wie blöd. Ohne geht halt nicht. Normalerweise leben sie
Design und beten ästhetische Dinge an - bei ihrem Lieblingsgetränk machen
sie aber nun mal eine Ausnahme. Ist halt so retro und wirkt
ironisch-heruntergebrochen. Von wegen.
Der Kult nervt gewaltig. In Berlin darf man eigentlich nur Club-Mate
trinken - und das natürlich auch nur aus der Halbliter-Flasche.
Abweichungen werden mit ächtenden Blicken bestraft. Vor allem wenn beim
Weggehen kein Alkohol getrunken wird, darf es nur Club-Mate sein. Cola ist
zu langweilig, Rhabarberschorle zu spießig und Bubble-Tea nur am Tag
erlaubt.
Club-Mate wird demonstrativ in der Hand herumgetragen, keinesfalls soll es
im Jutebeutel oder Rucksack verschwinden - es ist halt das Accessoire der
Coolen. Es sagt der Umwelt: "Ich war gestern unglaublich lange feiern." Das
stützt die Propaganda, Club-Mate helfe gegen die Müdigkeit. Auf der
Internetseite des Getränks steht: "Na, wie fühlen wir uns denn heute? Einen
harten Tag gehabt und jetzt ein bisschen abgeschlafft?" Noch aufgedrehter
heißt es über Kraftstoff, den Club-Mate-Eistee mit mehr Koffein: "Endlich
wieder Wochenende, endlich wieder Party, endlich wieder tanzen. Die Nacht
wird lang."
Club-Mate ist die vermeintlich gesunde Wach-auf-Droge. Deswegen trinken das
Getränk auch Mode-Blogger und Grafik-Designer. Immer emsig. Sie schwören
auf das Getränk, obwohl es nicht den erwünschten Effekt erzielt. Der Glaube
kann ja bekanntlich Berge versetzen. So, und jetzt brauche auch ich meine
Club-Mate. Es ist eben auch das Getränk der Inkonsequenten.
ENRICO IPPOLITO ist Volontär der taz
***
Druck im Kauapparat
Club-Mate hat die kräftige Farbigkeit von strohgelb-gesundem Altherrenpipi,
riecht aber dezenter. Durch den Flaschenhals entkommt nur zögerlich ein
Duft nach eher blassem Apfelsaft und etwas, was entfernt an Tabak gemahnt.
Ein Glas gibt es nicht, es wird aus der Flasche getrunken, auch gut. Das
ist sie nun, meine erste zum Kult gewordene Hackerbrause.
Der erste Schluck ist überraschend unsüß, aber eher ausdruckslos. Ein
mangels Glas im Mund Herumschwenken und Durchsüffeln wie beim Wein sorgt
für leichten Überdruck im Kauapparat: Das Zeug enthält recht ordentlich
Kohlensäure, die dabei munter aufschäumt und einen Hauch von Rauchtee
freigibt. Der setzt sich in der Folge der nächsten Schlucke recht klar über
die bisherigen Fruchtnoten vom Apfelsaft, von Abgang kann aber keine Rede
sein. Muss ja auch nicht: das Zeug soll wach machen - oder halten.
STEFFEN GRIMBERG ist Medienreporter der taz.
***
Als Sekt-Bronte begonnen, als Einhornpisse geendet
Hersteller. Club-Mate und viele seiner urbanen Konsumenten haben eins
gemeinsam: Sie kommen aus der Provinz. Club-Mate zum Beispiel aus dem
fränkischen Münchsteinbach. 1994 kaufte die dort ansässige Brauerei Loscher
das Rezept für das limonadenartige Getränk auf Mate-Tee-Basis und begann,
es herzustellen und zu verkaufen - obwohl das Herz des Familienbetriebs
eigentlich seit Generationen für das Brauen von Bier schlägt.
Ursprünge. Das Rezept für Club-Mate stammt aus den Zwanzigern. Erfunden
wurde es im thüringischen Bad Köstritz, in größerem Umfang aber ab 1924 in
Mittelfranken unter dem Namen "Sekt-Bronte" verkauft.
Urbanisierung. In den Neunzigern entdeckte der alternative Getränkehandel
KGB (Kohlen, Gips, Bier bzw. Kollektive Getränke Basis) Club-Mate und
brachte sie - zunächst wenig unterstützt von der Brauerei Loscher - in die
Großstädte Berlin und Hamburg. Die dortige Hacker-Szene verliebte sich in
das Getränk. Durch ihren stetigen Konsum und jahrelange
Mund-zu-Mund-Propaganda kam Club-Mate in immer mehr Supermärkte und Kioske
- und wurde dort von Hipstern entdeckt. An der Erschließung des deutschen
Hinterlands jenseits der Großstädte wird noch gearbeitet.
Ausland: In Hackerkreisen gibt es geradezu rühende Versuche, die
Club-Mate-Versorgung im Ausland sicherzustellen. In den USA ist die Lage so
jämmerlich, dass US-Hacker ihre Konferenzen per Roadtrip beliefern.
Kombiniert mit der US-Vorliebe fürs Heimbrauen keltern die Geeks im
Hackerspace "Noisebridge" in San Francisco das Zeug sogar selbst - und
erfinden dafür so wundervolle Namen wie "Unicorn Pee".
MEIKE LAAFF ist Redakteurin im taz-Ressort für Gesellschaft, Kultur &
Medien
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## Die Koffein-Konkurrenz
Espresso (Koffeingehalt: 90 mg/100 ml)
Coca-Cola (Koffeingehalt: 10 mg/100 ml)
Afri-Cola (Koffeingehalt: 25 mg/100 ml)
1337mate (Koffeingehalt: 25 mg/100 ml)
FloraPower (Koffeingehalt: 18 mg/100 ml)
Makava (Koffeingehalt: 6,2 mg/100 ml)
Skull (Koffeingehalt: 32 mg/100 ml)
Red Bull (Koffeingehalt: 32 mg/100 ml)
Kakao (Koffeingehalt: 2 mg/100 ml)
Schwarztee (Koffeingehalt: 40 mg/100 ml)
27 Dec 2011
## TAGS
Red Bull
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