# taz.de -- Kommentar Altersarmut: Unsitte Altersdiskriminierung | |
> Solange es Altersdiskriminierung gibt, werden viele Ältere weiterhin in | |
> Rente gehen, bevor sie 67 sind. Die finanziellen Einbußen werden sie | |
> zähneknirschend hinnehmen. | |
Kaum gibt es die Rente mit 67, da arbeiten mehr Frauen öfter und länger als | |
nur bis 60, manche sogar Vollzeit. Prima, könnte man sagen, endlich haben | |
es die Frauen begriffen: Sie hängen ihren Job nicht mehr "für die Familie" | |
an den Nagel, sie emanzipieren sich vom Mann und vom Staat, auf den | |
Hausfrauen und viele Teilzeitjobberinnen angewiesen sind, wenn die | |
Beziehung in die Brüche geht. | |
Ja, so könnte man die aktuellen Zahlen deuten, die die Bundesagentur für | |
Arbeit gerade veröffentlicht hat. Aber so einfach ist das nicht. Denn die | |
Zahlen sagen nichts aus über die Art und die Qualität der Arbeit. Und sie | |
sagen schon gar nichts aus über die Motivation der Frauen, länger zu | |
schuften. Denn schaut man genauer in die Statistik, wird noch etwas anderes | |
deutlich: Innerhalb von zwei Lebensjahren, von 62 bis 64, ist nicht mal | |
mehr die Hälfte der vorher arbeitenden Frauen (und Männer) noch im Job. | |
Warum? Weil sie auf den Pflegestationen, an den Supermarktkassen und in den | |
Büros mitunter Knochenarbeit leisten. Sie sind schlicht arbeitsunfähig. | |
Die Zahlen lassen zudem noch etwas anderes außer Acht: die | |
Altersdiskriminierung. Wir brauchen die Alten, schallt seit einiger Zeit | |
der Ruf durch die Republik. Die Realität sieht aber anders aus: Viele | |
Ältere, vor allem ältere Frauen, werden im Job gemobbt und rausgeekelt. Man | |
traut ihnen nichts mehr zu, sie werden nicht mehr eingestellt. Das erleben | |
selbst Arbeitnehmerinnen in gehobener Stellung. | |
Solange es Altersdiskriminierung gibt, sei es als Mobbing oder in Form | |
prekärer Jobs, werden viele Ältere weiterhin in Rente gehen, bevor sie 67 | |
sind. Die finanziellen Einbußen werden sie zähneknirschend hinnehmen: Immer | |
noch besser, als sich jeden Tag sagen zu lassen, dass man stört. | |
3 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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