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# taz.de -- Kommentar Christian Wulff: Der impotente Präsident
> Warum nicht gleich von der "Bild" den Bundespräsidenten bestimmen lassen?
> Chefredakteur Kai Diekmann scheint es ja nicht unwichtig zu sein, wer im
> Amt ist.
Bild: Alles nur Schein? Die Präsidentschaft auf Schloss Bellevue.
Christian Wulff trennt zu wenig zwischen seinen öffentlichen Ämtern und
seinen persönlichen Interessen. Das hat er in der Vergangenheit als
niedersächsischer Ministerpräsident bewiesen, als er Gratisreisen und
private Kredite zu Vorzugskonditionen in Anspruch nahm. Und das zeigt auch
sein Verhalten als Bundespräsident, der versucht, sich durch den Griff zum
Telefonhörer gegen unliebsame Berichte zu verwahren. Aber was folgt daraus?
Die Rolle eines Bundespräsidenten beschränkt sich aufs Repräsentative - als
oberster Diplomat reist er um die Welt, um sein Land in freundlichem Licht
erscheinen zu lassen. Ansonsten ist er eine Art Staatsnotar, der die
Gesetze unterschreibt und beglaubigt, die andere ausgearbeitet haben.
Die einzige Macht, die ein Bundespräsident besitzt, ist seine symbolische
Autorität. Aber die hat Wulff mit seinen Fehltritten verspielt. Bleibt
Wulff noch länger im Amt - und der Einzige, der das letztlich verhindern
kann, ist Wulff selbst -, so ist er als Bundespräsident praktisch impotent.
Denn wer soll Wulff jetzt noch ernst nehmen, wenn er zu moralischen
Appellen anhebt?
Andererseits: Was fehlt eigentlich, wenn der Bundespräsident als moralische
Instanz ausfällt? Nicht viel, denn diese Rolle wird ohnehin grob
überbewertet. Meist ist ein Bundespräsident nur dazu da, mit einem
altväterlichen Lächeln über die Wunden hinwegzutrösten, die im politischen
Streit geschlagen werden. Die Affäre um Wulff sollte deshalb Anlass geben,
die Rolle zu überdenken, die dem Bundespräsidenten in Deutschland
aufgebürdet wird.
Auch wenn der Präsident der KanzlerIn den ein oder anderen Staatsbesuch
abnimmt - für den politischen Alltag insgesamt ist dieses nominell höchste
Amt im Staat so überflüssig wie ein Kropf. Auf der anderen Seite wird es
mit Erwartungen überfrachtet, denen fast kein Mensch genügen kann: Der
Präsident soll, bitte schön, über den Parteien und Partikularinteressen
schweben, konsensfähig sein und ein kluger Kopf noch dazu.
Schon Wulffs viele Vorgänger, von Heuss und Lübke über Herzog bis Rau,
hatten selten das Format, diese Rolle auszufüllen. Und dieser Glaube an
überparteiliche Autoritäten und unfehlbare Führungsfiguren, der diesem Amt
seit jeher anhaftet, wirkt heute seltsam überholt. Wäre es da nicht besser,
dieses Relikt einer vergangenen Zeit, vergleichbar mit dem britischen
Königshaus, endlich abzuschaffen?
Die Alternative wäre, den Bundespräsidenten gleich von der Bild-Zeitung
bestimmen zu lassen, die mit ihrer Berichterstattung ohnehin über dessen
Wohl und Wehe bestimmt. Zumindest deren Chefredakteur Kai Diekmann scheint
es ja nicht ganz unwichtig zu sein, wer unter ihm Bundespräsident wird.
4 Jan 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
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