# taz.de -- Stilfragen zu Christian Wulffs Interview: Auf dem Niveau von Bettw�… | |
> Christian Wulffs Fernsehinterview war inhaltlich sehr dürftig. Wie die | |
> gesamte Präsentation. Doch gefehlt haben die Privaten. Denn die haben | |
> wenigstens Schuldenberater. | |
Bild: Fragen, Freunde, Geerkens: ein Wordle aus Wulffs Antworten. | |
Ob Christian Wulff als Bundespräsident noch eine Zukunft hat, ist eine | |
Frage, die sich schon deshalb nicht stellt, weil Christian Wulff genug | |
damit zu tun hat, seine Gegenwart zu behaupten. | |
Sein Interview in ARD und ZDF lieferte einen eindrucksvollen Beweis von den | |
Ungleichzeitigkeiten, die in unserer angespannten Mediengesellschaft | |
herrschen: Bevor es überhaupt gesendet worden war, gehörte es schon einer | |
Vergangenheit an, die Kommentatoren aus Medien und Politik bereits durch | |
Einordnung bewältigt hatten. | |
Dazu muss man nicht einmal auf die dreistündige Verzögerung zwischen | |
Aufzeichnung und Ausstrahlung abheben, die im Internet dazu genutzt worden | |
war, Tonspur und Transkription des Interviews zugänglich zu machen. Es ist | |
völlig ausreichend, sich die "Tagesschau" zu betrachten, die vor dem | |
Gespräch von Wulff mit Ulrich Deppendorf (ARD) und Bettina Schausten (ZDF) | |
bereits fast die Hälfte ihrer Zeit auf die Berichterstattung über etwas | |
verwendete, das erst noch zu sehen sein würde. | |
In der Statement-Routine, mit der die Nachrichtensendung üblicherweise | |
Geschehnisse des Tages bearbeitet, traten Oppositionspolitiker | |
unterschiedlicher Hierarchieebenen vor parteirepräsentative Hintergründe, | |
um das Wulff-Interview zu bewerten. | |
Und während man sich noch fragte, auf welche Grundlage sich die Urteile der | |
drei Politiker eigentlich stützten - auf das gesehene Interview oder nur | |
auf die ersten verbreiteten Zitate -, erschien schon Ulrich Deppendorf im | |
Hintergrund, um das Gespräch zu kommentieren, das er selbst zehn Minuten | |
später erst vor aller Augen führen würde. Bei aller Insuffizienz von | |
Christian Wulff fällt es angesichts solcher Auftritte schwer zu behaupten, | |
dass ein Gutteil der Medien in dieser Angelegenheit noch über die eigene | |
Rolle reflektiert. | |
## Kerngeschäft des Privatfernsehens | |
Das Interview selbst hatte, als Fernsehformat betrachtet, durchaus | |
Unterhaltungswert. Wulffs Taktik, die Phalanx von Vorwürfen und Forderungen | |
durch Trivia der privaten Lebensführung zu kontern ("zusammen zu kochen, zu | |
frühstücken, im Gästezimmer zu schlafen", "benutzte Bettwäsche"), wird dem | |
Niveau, auf dem die Diskussion angekommen ist, völlig gerecht. | |
Insofern ist die Beschwerde der Privatsender, die von dem Gespräch | |
ausgeschlossen waren, berechtigt, weil hier deren Kerngeschäft verhandelt | |
wurde. Konsequent wäre es gewesen, Wulffs Geschichte, die Lebenshilfe | |
(Schausten: "Was spricht dagegen zu sagen, ich gebe euch mal 150 Euro pro | |
Nacht?") und Erziehungsfragen ("Ich will natürlich besonnen … agieren") | |
betrifft, auf RTL erzählen zu lassen - von Peter Zwegat ("Raus aus den | |
Schulden") und der reaktivierten Super Nanny. | |
5 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Matthias Dell | |
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