# taz.de -- Occupy und die Kirche: Kein Kreuz im Rücken der Bewegung | |
> Die evangelische Kirche zeigt sich im Umgang mit der Occupy-Bewegung | |
> zurückhaltend. Das hat Gründe: Die Kirchen haben ordentlich mitgezockt. | |
Bild: Sozial-Ethiker Franz Egbers wundert sich bei den Occupy-Demos über das "… | |
BERLIN taz | Der Sozialethiker Franz Segbers hat den Umgang der | |
evangelischen Kirchen in Deutschland mit der finanzmarktkritischen | |
Occupy-Bewegung kritisiert. Das "völlige Ausfallen der Kirche" bei den | |
Großdemonstrationen in Berlin und Frankfurt verwundere, schreibt Segbers in | |
einem Beitrag für das evangelische Monatsmagazin Zeitzeichen. | |
Denn eigentlich nähmen soziale Bewegungen wie Occupy oder Attac mit ihrem | |
Protest "die Kritik zahlreicher kirchlicher Erklärungen auf". Doch | |
kirchliche Rede bleibe "schal und wirkungslos, wenn sie keine Träger | |
findet", wie zum Beispiel die sozialen Bewegungen, die Veränderungsprozesse | |
anstießen, so Segbers. "Ohne solche Trägergruppen ist die Kirche eine | |
Königin ohne Land. | |
Einen möglichen Grund für die Zurückhaltung der Kirche gegen Occupy sieht | |
der in Marburg Sozialethik lehrende Theologe in ihrem eigenen Reichtum. | |
Deutschlands Kirchen seien "nicht nur in vielfältiger Weise in das | |
Finanzsystem eingebunden, sondern haben sich auch von ihm abhängig | |
gemacht". | |
Wenn Pfarrpensionen am Kapitalmarkt generiert würden, vertraue die Kirche | |
auf den "fatalen Erfolg" eines renditeträchtigen Finanzsystems. "Sie zieht | |
ihren Vorteil aus einem System, das auf renditeträchtige Anlage bedacht | |
ist, und treibt dadurch den Kasinokapitalismus an." | |
## "Geld und Glück" | |
Der Schweizer Ökonom Mathias Binswanger hat sich für eine Begrenzung des | |
Wirtschaftswachstums ausgesprochen. "Wir brauchen ein gewisses | |
Wirtschaftswachstum zur Lebenszufriedenheit, aber die Dynamik des Systems | |
hat sich verselbstständigt, und das macht es uns schwer, glücklich zu | |
sein", sagte Binswanger. | |
"Es würde uns besser gehen, wenn wir uns Grenzen setzten, gemächlicher | |
wachsen würden und dafür unsere Wirtschaft stabiler wäre." In dem Gespräch | |
zum Thema "Geld und Glück" verwies Binswanger auf Statistiken, wonach die | |
Zahl der Menschen in einem Industrieland, die sich selbst als glücklich | |
bezeichnen, ab einem Durchschnittseinkommen von 15.000 bis 20.000 US-Dollar | |
auch durch ein weiter steigendes Wirtschaftswachstum nicht mehr steige. | |
Wenn man aber innerhalb eines Landes untersuche, ob reiche Menschen | |
glücklicher seien als arme, finde man sehr wohl einen Zusammenhang zwischen | |
Geld und Glück. "Diejenigen, die mehr Geld besitzen, sind in der Regel | |
zufriedener und in diesem Sinne glücklicher mit ihrem Leben, als die, die | |
ein geringeres Einkommen haben. | |
Und wer weniger hat, will entsprechend mehr haben, weil er hofft, damit | |
auch glücklicher zu werden." Doch dies sei eine Illusion, weil das Glück | |
über Statussymbole nicht lange anhalte. Denn mit steigendem Wohlstand | |
könnten sich immer mehr Menschen Statussymbole leisten. | |
Zudem kämen stets neue Statusgüter auf den Markt. "Man muss sich also | |
ständig abrackern, um nur den Status quo halten zu können", kritisiert | |
Ökonom Binswanger. "So steigt das Glück schlussendlich nicht an." | |
10 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Occupy und Demokratie: Die Weisheit der Vielen | |
Prostestbewegungen sind populär – das Jahr 2012 verspricht mehr davon. | |
Derweil kürte das "Time Magazine" den Demonstranten zur Person des Jahres | |
2011. | |
Occupy von New York bis Berlin: Solidarität oder Suppe | |
Zwischen "Occupy Wall Street" und "Occupy Berlin" liegen Welten, hat Tashy | |
Endres, deutsche Aktivistin aus New York, festgestellt. | |
Occupy-Camp in Berlin geräumt: Ende Gelände | |
Die Polizei räumt das Occupy-Camp am Berliner Spreeufer. Die letzten | |
Aktivisten leisten keinen Widerstand - und hoffen auf eine Großdemo am | |
Sonntag. | |
Occupy vor Räumung: Freude auf Dialog mit der Polizei | |
Die Bundesimmobilienanstalt stellt Strafanzeige gegen das Occupy-Camp am | |
Spreeufer. Die Besetzer geben sich gelassen: Stimmung prima! | |
Crowdfunding für große Occupy-Doku: Mosaiksteine zum Gesamtbild verdichten | |
Die Occupy-Proteste bestehen aus kleinen, persönlichen Initiativen ohne | |
Regie. Jetzt werden sie von einem Kollektiv von Regisseuren dokumentiert. | |
Die sammeln Geld für den Schnitt. | |
Protest-Camp: Occupy soll die Zelte abbrechen | |
Das Occupy-Camp muss bis Freitag aufgelöst sein. So will es die | |
Eigentümerin des Geländes, die Bundesimmobilienanstalt. Ihr Chef persönlich | |
überbrachte die Nachricht. | |
Occupy New York: 68 Demonstranten festgenommen | |
Die Occupy-Aktivisten versuchten den Zuccotti-Park in New York | |
zurückzuerobern. Dabei schritt die Polizei in der Silvesternacht ein und | |
verhaftete 68 Personen. Pfefferspray kam zum Einsatz. |