# taz.de -- Kommentar Malaysias Oppositionsführer: Das Urteil nützt auch der … | |
> Anwar Ibrahim hätte gar nicht angeklagt werden dürfen. Und Regierungschef | |
> Razak kann sich dank des Urteils selbst als Reformer verkaufen. | |
Im Fall des malaysischen Oppositionsführers Anwar Ibrahim, der bei einer | |
Verurteilung wegen "konsensualer Sodomie" mit bis zu 20 Jahren Gefängnis | |
hätte rechnen müssen, ist der überraschende Freispruch natürlich | |
erfreulich. Doch eigentlich hätte er gar nicht angeklagt werden dürfen. | |
Schon mit der politisch motivierten und inszenierten Anklage sollte Anwar | |
erneut als moralisch zweifelhafte Figur dargestellt werden, nachdem er in | |
einem ähnlichen Fall nach sechs Jahren Gefängnis doch noch freigesprochen | |
worden war. Die neue Anklage zielte darauf, ihn sowohl bei Malaysias | |
konservativem Mainstream anzuschwärzen wie auch bei seinem Bündnispartner | |
von der islamistischen Partei PAS. | |
Diese Partei verteufelt gleichgeschlechtliche Sexualkontakte und fordert | |
die Scharia. Deshalb bleibt der üble Beigeschmack des Freispruchs, dass | |
selbst Anwars Bündnispartner bei entsprechenden Beweisen ein drakonisches | |
Urteil richtig gefunden hätten. | |
Es bleibt Spekulation, ob die Regierung in Sorge um ihre Glaubwürdigkeit | |
letztlich das Interesse an einer Verurteilung Anwars verloren hatte, ob die | |
Einstellung zu ihm und seiner angeblichen Homosexualität sich wandelte oder | |
womöglich Uneinigkeit in der Regierung herrschte und sich das Gericht | |
deshalb mehr Freiheit bei seiner Entscheidung nehmen konnte. Tatsache ist, | |
dass die Regierung von Najib Razak sich nach dem Freispruch dafür lobte, | |
dass sie die Justiz, anders als von der Opposition behauptet, wirklich | |
unabhängig arbeiten lasse. | |
Der Freispruch bietet auch der Regierung Vorteile. So dürften bald die | |
Bruchlinien in der von Anwar geführten oppositionellen Dreierallianz | |
deutlicher werden, als wenn bei einer Verurteilung äußerer Druck deren | |
Reihen künstlich geschlossen hätte. Indem er das alte Spiel des Rufmords | |
nicht mehr fortführt, nimmt Regierungschef Najib Razak ausländischer Kritik | |
die Spitze und kann sich sogar selbst als Reformer verkaufen. | |
9 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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