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# taz.de -- Die Morde des Neonazi-Trios: Zwickau im Hinterkopf
> Viele Deutschtürken haben das Vertrauen in den deutschen Staat verloren,
> so eine Umfrage. Die meisten sind über die Nazi-Morde nicht wütend,
> sondern nur "traurig".
Bild: Die Mehrheit fühlt sich zuhause: türkischer Süßwarenladen in Duisburg.
BERLIN taz | "Wir sind beunruhigt, kehren aber nicht zurück". Mit dieser
Schlagzeile gab die türkische Tageszeitung Hürriyet in ihrer Europa-Ausgabe
am Dienstag die Stimmung unter vielen türkischstämmigen Bürgern in
Deutschland wieder, seit die Mordserie der Neonazis aus Zwickau bekannt
wurde. Sie stützt sich dabei auf die Ergebnisse einer repräsentativen
Umfrage, die von der Hacettepe-Universität in Ankara und dem Berliner
Meinungsforschungsinstitut Data4U durchgeführt wurde und der taz vorliegt.
Die Studie erfasst den Vertrauensverlust in den deutschen Staat unter
türkischstämmigen Einwanderern erstmals in Zahlen. Sie beruht auf
Telefoninterviews mit über 1.000 Befragten, die zwischen dem 5. und dem 15.
Dezember 2011 stattfanden. Beruhigen kann dabei nur, dass die überwiegende
Mehrheit (78 Prozent) der Befragten die Taten einer kleinen radikalen
Gruppe zurechnet. Nur eine Minderheit von 6,78 Prozent macht "einen großen
Teil der deutschen Gesellschaft" dafür verantwortlich.
Alarmieren muss allerdings der Befund, wonach 55 Prozent der Befragten
glauben, dass die Neonazi-Mörder vom deutschen Staat geschützt oder gar
unterstützt wurden. Mehr als ein Drittel davon war sogar der Meinung, dass
die Rechtsterroristen eine erhebliche staatliche Unterstützung erhalten
hätten. Nur 21 Prozent konnten sich das nicht vorstellen und antworteten
auf diese Frage mit einem klaren Nein.
## Geheuchelte Trauer?
Das Ausmaß der Verunsicherung unter türkischstämmigen Migranten lässt sich
auch daran ablesen, dass 77 Prozent der Befragten fürchten, auch in Zukunft
ähnliche Morde durch Neonazis erleben zu müssen. Trotzdem sagten nur
wenige, sie hätten Angst. Eine große Mehrheit von 74 Prozent erklärte, man
sei vor allem "traurig" über die rassistische Mordserie, etwa 12 Prozent
zeigten sich zornig.
Zwar sahen fast 75 Prozent aller Befragten die gemeinsame Erklärung des
Bundestags, der sich für die Mordserie entschuldigt hat, als ernsthaftes
Zeichen der Reue an. Im Widerspruch dazu steht, dass nur 35 Prozent der
Meinung sind, dass deutsche Politiker über die Mordserie wirklich traurig
seien. Fast ebenso viele, 33,6 Prozent, sind der Ansicht, dass die
Beileidbekundungen nicht ehrlich gemeint seien.
Das Vertrauen in die deutsche Politik und den deutschen Staat ist unter
türkischstämmigen Bürgern nur gering ausgeprägt. Das zeigt sich auch daran,
dass sich viele überzeugt zeigten, dass die Verantwortlichen das Verbrechen
vertuschen wollen - 45,1 stimmten dieser Aussage voll zu, 27 Prozent
teilweise. Und viele glauben, dass deutsche Politiker das Thema am liebsten
schnell zu den Akten legen würden; dem stimmten 40 Prozent voll zu, 28,8
teilweise.
Vier Prozent der Interviewten gaben an, dass sie angesichts der Morde
zurück in die Türkei wollten. Die Mehrheit der Befragten aber fühlt sich in
Deutschland trotz allem zu Hause, nur wenige empfinden sich selbst als
"kaum" (10,7 Prozent) oder "überhaupt nicht" (7,6 Prozent) integriert. Aus
der Umfrage geht außerdem hervor, dass sich eine Mehrheit der Befragten aus
türkischen Medien über die Ermittlungen informiert.
11 Jan 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
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