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# taz.de -- 3D-Brillen in der Schule: Das letzte Reservat fällt
> In London trifft sich die Avantgarde der Education Technologies. Die
> Frage ist: Welches Endgerät erobert die Schulen. Und wozu eigentlich?
Bild: Ist das die Zukunft? Ein Smartboard im Klassenzimmer.
Anne Bamford ist sich ganz sicher. "Komplexe Zusammenhänge werden leichter
verständlich, wenn sie auf ein Bild reduziert werden." Die britische
Professorin hat SchülerInnen in mehreren europäischen Ländern im Unterricht
mit 3-D-Brillen beobachtet und befragt. Die Ergebnisse scheinen geradezu
phänomenal zu sein.
86 Prozent der Schüler verbesserten sich durch den Einsatz des 3-D-Sehens,
bei normalen Bildgebern lag die Rate bei nur 25 Prozent. 92 Prozent der
3-D-Seher waren bei Tests über fünf Minuten hin aufmerksam - vorher nur 42
Prozent. Und 100 Prozent der Lehrer stimmten der Aussage zu, "dass die
Schüler durch den Einsatz von 3-D-Animationen im Klassenzimmer Sachverhalte
besser verstehen".
Das Schöne an den Ergebnissen der Direktorin der International Research
Agency Südenglands ist, dass sie diese am Freitag auf der Bett 2012
vorstellen wird. Die Bett-Show ist die weltweit anspruchsvollste Messe
Education Technology, zu der 30.000 Besucher erwartet werden. Das
missliche: Bamford hat zwar in sieben Ländern in Europa geforscht, aber sie
hat nur 740 Schüler und 47 Lehrer untersuchen können - zu wenig, um
geradezu realsozialistische Wahlergebnisse zu verallgemeinern.
Bamford war auch nicht so frei, wie man es erwarten möchte. Texas
Instruments, der Hersteller jener phänomenalen 3-D-Bildgeber, hat die
Studie in Auftrag gegeben und wirbt auch heftig damit. Genau wie etwa der
deutsche Konkurrent Carl Zeiss, der einen Cinemizer entwickelt hat, eine
3-D-Brille für die Schule. "Die Brille simuliert ein zwei Meter entferntes
Display mit 115 Zentimetern Durchmesser", schwärmt die Firma, "das sorgt
für ein echtes Eintauchen in die 3-D-Lerninhalte. Lernen, so die Botschaft,
geht mit Technologie viel besser.
## Technologie soll die Schule verbessern
Das Phänomen ist nicht allein ein ökonomisch widersprüchliches. Die kargen
Budgets für Bildung stehen einer überdimensionalen Spanne an neuen
technischen Geräten gegenüber. Die 3-D-Brillen sind der letzte Schrei, der
Schule besser machen soll. Kurz vorher waren es die Tablet PCs. Dazwischen
hatten die kleinen Netbooks ihren Auftritt. Ganz zu schweigen von den
White- und Smart-Boards, jenen elektronischen Tafeln mit Zugang zum
Internet, ohne die kaum noch ein Stand etwa auf der Didacta auskommt.
Inzwischen gibt es einige Lehrer, die voraussagen, dass das Smartphone die
Klassenzimmertechnologie der Zukunft sein wird - weil viele Schüler es
einfach dabeihaben. Die Frage ist freilich auch didaktisch widersprüchlich.
Rupert Murdoch sagt, "unsere Schulen sind der letzte Hort, der sich der
digitalen Revolution widersetzt. Hier vergeuden wir das Potenzial der
Jugend".
Die meisten Lehrer sind sich indes nicht sicher, ob allein die Technologie
die Schule besser machen könnte. Wahrscheinlich hat das auch damit zu tun,
dass viele Pädagogen digitale Technologie einfach nicht verstehen - weder
an sich noch didaktisch. Ob das reicht, den hereinbrechenden Online-Tsunami
zu stoppen?
Eine Meldung aus den USA gibt kaum Anlass zu Hoffnung: Dort lässt die
Hewlett-Foundation nun Verfahren entwickeln, die den Lehrern eines ihrer
letzten Reservate wegnehmen soll: das Auswerten der Schultests. Auch das
soll künftig automatisiert erfolgen - angeblich, damit die Lehrer mehr Zeit
haben. Nur: Wozu?
11 Jan 2012
## AUTOREN
Christian Füller
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