# taz.de -- Tennisturnier Australian Open: Spiegelei im Busbahnhof | |
> Früher machten die Tennisstars einen großen Bogen um Melbourne. Heute | |
> gehören die Australian Open zu den beliebtesten Turnieren. Dank des | |
> beweglichen Daches. | |
Bild: Volles Haus in Melbourne. Tennisstars und ihre Fans lieben die Rod Laver … | |
MELBOURNE taz | Das soll Sommer sein? Donnerstagmorgen zeigte das | |
Thermometer in Melbourne 11 Grad, Freitag waren es 13, der Wind rüttelte an | |
den Bäumen, die grauen Wolken hingen tief über der Bucht. Das soll das Land | |
sein, in dem man ohne Pfanne Spiegeleier auf einem Tennisplatz braten kann? | |
Ja, schon. Und wenn die Meteorologen Recht haben, dann wird nach diesem | |
Wochenende zu Beginn der Australian Open sowieso alles in bester Ordnung | |
sein. | |
Es ist die 100. Ausgabe der australischen Meisterschaften, die 44. der | |
Australian Open und die 25. im Melbourne Park. Bis 1987 wurde auf den | |
Rasenplätzen im Stadtteil Kooyong gespielt, doch damals stand längst fest, | |
dass das Turnier ein neues, modernes Gesicht brauchte, um mit den drei | |
Konkurrenten aus dem Kreis des Grand Slam mithalten zu können. | |
Die Bereitschaft zur radikalen Abkehr von der Idylle rettete den Status des | |
Turniers, auch wenn die Optik am neuen Standort zu Beginn darunter litt. | |
Das Gelände, mitten in der Stadt am Ufer des Yarra gelegen, vermittelte | |
zunächst den Charme eines Busbahnhofs. | |
Als Erste präsentierten die Australian Open 1988 ein Stadion mit | |
beweglichem Dach, und die Investition bewährte sich bereits bei der | |
Premiere, als Steffi Graf den Titel gegen Chris Evert gewann, obwohl es | |
während des Finales zu regnen begann. | |
Und während die Herren des All England Club noch darauf bestanden, | |
Wimbledon solle den Charakter einer Gartenparty bewahren und dazu passe | |
kein Dach, während der amerikanische Tennisbund (Usta) noch davon überzeugt | |
war, für die US Open eine Schönwettergarantie zu besitzen, legten die | |
Australier sogar nach und gönnten sich 2001 eine zweite Arena mit Dach. | |
Und das Volk versammelte sich in immer größeren Scharen. 1990 kamen | |
innerhalb der beiden Wochen des Turniers zum ersten Mal mehr als 300.000 | |
Zuschauer, zehn Jahre später waren es mehr als 500.000 und 2008 zum ersten | |
Mal mehr als 600.000. Der Elan, mit dem die Organisatoren nach | |
Verbesserungen suchen, ist nach wie vor bemerkenswert. Erst nach einer | |
Anlaufphase von etwa 100 Jahren wird in Wimbledon inzwischen auf die | |
gleiche Art gearbeitet und gedacht, die French Open und die US Open liegen | |
in dieser Hinsicht weit zurück | |
## Kombination aus Modernität und entspannter Atmosphäre | |
Keiner der Spitzenspieler käme heute auf die Idee, einen Bogen um Melbourne | |
zu machen, wie es Connors oder später Agassi jahrelang taten. Es gibt kaum | |
einen Spieler, der bei der Frage nach seinen Lieblingsturnieren nicht an | |
Melbourne denkt, an die Kombination von Modernität und entspannter | |
Atmosphäre. | |
Die Idylle von Kooyong mit ihren gestreiften Markisen war einmal. Zu den 25 | |
Jahren der Neuzeit im Melbourne Park gehören längst eigene Episoden und | |
Bilder, ob oben ohne oder bei Regen unterm Dach. In der Rod Laver Arena | |
vergoss Pete Sampras anno 95 Tränen über das Schicksal seines Coaches Tim | |
Gullikson, gewann Martina Hingis 1997 mit 16 ihren ersten Titel bei einem | |
Grand-Slam-Turnier. | |
Und natürlich ist da die Erinnerung an einen der kuriosesten Tage in der | |
Geschichte des Turniers, als die Rod Laver Arena während einer | |
Night-Session im Jahr 1995 knöchelhoch unter Wasser stand, ebenso wie | |
andere Bereiche in den Katakomben, darunter das Pressezentrum. Am nächsten | |
Morgen war alles wieder trocken; Folge eines Fünfsatzsieges des | |
Reinigungspersonals. | |
15 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Doris Henkel | |
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