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# taz.de -- Ivan Lendl coacht Andy Murray: Der gleiche Humor
> Ivan Lendl gewann in den 80er Jahren acht Grand-Slam-Titel. Jetzt will er
> dem talentierten Schotten Andy Murray zum ersten großen Sieg verhelfen.
Bild: Der Altmeister und sein Schüler: Ivan Lendl und Andy Murray.
MELBOURNE taz | Er sammelte Bälle auf, spielte sie zu, und gäbe es die
Erinnerung nicht, wären das ganz normale Szenen gewesen. Ein Coach bei der
Arbeit, unaufgeregt, konzentriert, mit ein wenig Übergewicht unter dem
einfarbigen Polohemd.
Aber man musste nur kurz die Augen schließen, und zack, war das alte Bild
wieder da. Derselbe Mann, 20 Kilo leichter, austrainiert bis zum
Gehtnichtmehr, ein weißes Tennishemd mit Rauten drauf, auf dem Kopf eine
Legionärsmütze, die das Rautenhemd an Hässlichkeit locker übertraf.
Ein Mann, der bei der Arbeit keine Miene verzog, der Tennis mit
messerscharfem Verstand spielte und dem es so was von egal war, ob das den
Leuten gefiel. Wenn das Spiel vorbei war, machte sich der ausgezehrte
Legionär mit Vergnügen über alle Leute lustig, und manchmal konnte man nur
staunen, was ihm dabei einfiel. Wer seinen schrägen Humor verstand, fand
Ivan Lendl komisch.
Es soll der Humor gewesen sein, der den Schotten Andy Murray und seinen
neuen Coach auf Anhieb verband. "Wenn du den gleichen Humor hast, findest
du eine Ebene", meinte Ivan Lendl vor ein paar Tagen in einer Runde
britischer Journalisten. "Wir finden immer was, worüber wir uns lustig
machen können."
## 270 Wochen an der Spitze
Je länger man über diese Verbindung nachdenkt, desto mehr Sinn scheint sie
zu haben. Könnte es einen besseren Coach für Andy Murray geben - von dem
viele sagen, der werde bestimmt irgendwann ein Grand-Slam-Turnier gewinnen,
der aber bisher in den entscheidenden Momenten oft so aussah, als fehle ihm
der Mut - als Lendl, der auch erst nach vier gescheiterten Versuchen seinen
ersten Grand-Slam-Titel gewann? Der dann acht weitere gewann und 270 Wochen
an der Spitze der Weltrangliste stand.
Vor ein paar Jahren waren sich Murray und Lendl in Florida zum ersten Mal
über den Weg gelaufen, und Lendl sagt, er habe gleich den Eindruck gehabt,
einen ebenso höflichen wie intelligenten jungen Mann vor sich zu haben. Er
versicherte, nach seiner Rückkehr zum Tennis vor drei Jahren, als er
begann, gelegentlich auf der Seniorentour zu spielen, habe er rund zehn
Anfragen erhalten, ob er als Coach zu haben sei. Er lehnte alle ab.
Aber als Murrays Anfrage kam, zögerte er nicht. Nach mehr als anderthalb
Jahrzehnten Abstand vom Tennis seien seine Batterien wieder aufgeladen.
"Natürlich sehe ich die Parallelen zwischen seiner und meiner Karriere, und
ich will, dass seine so aufhört wie meine."
Klingt das nicht fast ein wenig romantisch? Lendl würde diese Behauptung
mit der Gegenfrage kontern, ob man noch ganz bei Trost sei. Aber es ist
nicht zu überhören, wie gut sich die beiden spröden Typen nach kaum zwei
gemeinsamen Wochen bereits verstehen.
## schreckliche Legionärskappen
Lendl lobt Murrays Engagement, dessen Bereitschaft zu harter Arbeit, und
der schwärmt davon, wie es ist, von jemandem lernen zu können, der immer
genau wusste, was er wollte, und dem dafür kein Preis zu hoch war. Er weiß,
dass manche Leute glauben, Lendl habe sich in den langen Jahren nach dem
Rücktritt zu weit vom Tennis entfernt.
Aber alle Spieler, die älter seien als er selbst, seien zu ihm gekommen und
hätten gesagt: Klasse, dass du mit Ivan arbeitest, er war immer mein Idol.
Und mit der gleichen Entschlossenheit, mit der er früher in der Hitze
Australiens die schrecklichen Legionärskappen trug, ist Lendl nun bereit,
andere schreckliche Dinge zu tun - wie mit Journalisten zu reden, von denen
er prinzipiell nicht allzu viel hält. Er werde alles tun, was notwendig
sei, sagt er, um seinem Mann zu helfen.
Mit dem er außer schrägem Humor welche Interessen teilt? "Ich kann es kaum
erwarten, bis die Tschechen diesen Sommer bei der Fußball-EM gegen England
gewinnen." Wenn das nicht passt - der Schotte Andy Murray hatte sich im
Königreich einst eine Menge Ärger mit dem Satz eingehandelt, ihm sei alles
lieber als ein englischer Sieg. Hört sich so an wie der Beginn einer
wunderbaren Beziehung.
16 Jan 2012
## AUTOREN
Doris Henkel
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