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# taz.de -- Kommentar Gemeinschaftsschule: Kein Konsens für Kretschmann
> Das neue Lernen hält gerade mal in 0,8 Prozent aller allgemeinbildenden
> Schulen in Baden-Württemberg Einzug. Trotzdem hagelt es Kritik von links
> und rechts.
Schon die Alliierten mussten vor den deutschen Bildungstraditionalisten
kapitulieren. Sie wollten nach dem Zweiten Weltkrieg ein
Einheitsschulsystem einführen - und scheiterten damals an den
Kultusministern, die die traditionellen Hierarchien erfolgreich
verteidigten. Systemverändernde Schulreformen sind in Deutschland bis heute
politischer Kraft- und gesellschaftlicher Drahtseilakt zugleich. Das
bekommt nun auch die grün-rote Regierung in Stuttgart zu spüren.
Sie stellte am Montag ihre neuen Gemeinschaftsschulen vor - Schulen, die
auf die sozial problematische Begabungsauslese nach Klasse vier verzichten
und das längere gemeinsame Lernen praktizieren. Die Glückwünsche dazu sind
verhalten, lauter ist die Kritik. Den Linken geht die Reform nicht weit
genug, die Konservativen sind verwirrt von der Fülle der Änderungen. Und
dabei hält das neue Lernen gerade mal in 0,8 Prozent aller
allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg Einzug.
Die Vorsicht der Regierung ist durchaus berechtigt. Jüngste Erfahrungen
zeigen, dass eine Abkehr von der Begabungsthese und von einer frühen
Einsortierung der Schüler nach Schulformen hierzulande entweder politisch
existenzbedrohend ist, wie für die schwarz-grüne Regierung in Hamburg, oder
dass das Anliegen konsensual entschärft wird, wie im rot-grün regierten
Nordrhein-Westfalen. In beiden Ländern sind die grundständigen Gymnasien
die klaren Sieger einer Schulreform, die für mehr Bildungsgerechtigkeit
warb.
Dass die schwäbische Gemeinschaftsschule evolutionär zu einer Ablösung des
gegliederten Schulsystems in Baden-Württemberg führt, ist nicht zu
erwarten. Wenn es der Regierung Kretschmann ernst ist mit der
Bildungsgerechtigkeit, muss sie sich auf harte Kämpfe einstellen. Und den
Mut haben, sich Feinde zu machen. Bitter daran: Die Früchte solcher
Reformen ernten für gewöhnlich erst nachfolgende Regierungen.
16 Jan 2012
## AUTOREN
Anna Lehmann
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