# taz.de -- Jahresbericht zur deutschen Wirtschaft: Hier fördern, da stören | |
> Wirtschaftsminister Rösler freut sich über 0,75 Prozent Wachstum. Doch | |
> immer wieder greift er störend in die Energiewende und ins | |
> Konjunkturprogramm ein. | |
Bild: Hier wird direkt an der Wirtschaft geschraubt. | |
BERLIN taz | Philipp Rösler ist der Wachstumsminister im Kabinett Merkel. | |
In sein Ressort fällt das Wohlergehen der Wirtschaft. Obwohl die deutsche | |
Ökonomie 2012 wohl nur knapp an der Stagnation vorbeischrammt, freut sich | |
der FDP-Minister im Jahreswirtschaftsbericht über die relativ positive | |
Entwicklung. Bleibt die Frage: Was tut Rösler dafür? | |
Der Wirtschaftsminister bemüht sich, mehr gut ausgebildete Arbeitskräfte | |
nach Deutschland zu holen. Diese brauchen die Unternehmen dringend, wenn | |
die Zahl der inländischen Bewerber in einigen Jahren stark zurückgeht. Im | |
vergangenen Dezember beschloss das Kabinett deshalb, die Lohnschwelle für | |
hochqualifizierte Zuwanderer zu senken. | |
Ausländische Ärzte, Computerfachleute oder Mathematiker dürfen künftig | |
langfristig in Deutschland bleiben, wenn sie beispielsweise einen | |
Arbeitsplatz nachweisen, der mindestens 33.000 Euro Einkommen im Jahr | |
bringt. Bisher liegt die Grenze bei etwa dem Doppelten, was Einwanderung | |
erschwert. | |
Allerdings kann Rösler sich nicht dazu durchringen, das hiesige Internet | |
gesetzlich zu beschleunigen. Im neuen Telekommunikationsgesetz, so hört | |
man, sollen die Anbieterfirmen verpflichtet werden, eine | |
Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens einem Megabit pro Sekunde zu | |
gewährleisten. Das ist ein Witz. Südkorea beispielsweise schreibt ein | |
Gigabit vor - das tausendfache Tempo. Georg Erber vom Deutschen Institut | |
für Wirtschaftsforschung (DIW) regt an, wenigstens 50 bis 100 Megabit | |
anzupeilen. Sonst würden moderne Internetanwendungen wie Cloud-Computing | |
auf dem deutschen Datenfeldweg steckenbleiben - das Wachstum ebenfalls. | |
Die Energiewende, ein gigantisches Konjunktur- und Wachstumsprogramm, trägt | |
Rösler zwar mit, greift aber immer wieder störend ein. Gerade hat er | |
vorgeschlagen, die Einspeisevergütung für Ökostrom zu kippen. Der Ausbau | |
der erneuerbaren Energien würde dadurch gebremst. In der Lohnpolitik freut | |
sich der Wirtschaftsminister zwar darüber, dass die Einkommen der | |
Beschäftigten zulegen. Die Unternehmen zu beherzten Lohnerhöhungen | |
ermutigen will Rösler aber nicht. DIW-Chef Gert Wagner rät demgegenüber zu | |
Lohnerhöhungen von durchschnittlich 3 Prozent in diesem Jahr. Dadurch | |
stiegen Inlandsnachfrage und Wachstum. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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