# taz.de -- SPD will Wulff wegen Täuschung verklagen: Zu viele Geschenke | |
> Die niedersächsische SPD will die Landesregierung des früheren | |
> Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff vor | |
> dem Staatsgerichtshof verklagen. | |
Bild: Dieses Kochbuch wurde als "Giveaway" beim Nord-Süd-Dialog am 11. Dezembe… | |
HANNOVER taz | Die Affäre um Bundespräsident und Ex-Ministerpräsident von | |
Niedersachsen, Christian Wulff (CDU), wird ein Fall für den | |
niedersächsischen Staatsgerichtshof. Wegen Falschinformation des Parlaments | |
über die Partyreihe "Nord-Süd-Dialog" will die SPD Wulff vor dem | |
Verfassungsgericht des Landes verklagen, kündigte SPD-Landtagsfraktionschef | |
Stefan Schostok am Sonntag an. | |
2010 hatte die schwarz-gelbe Landesregierung auf SPD-Anfrage hin erklärt, | |
die Events seien Privatveranstaltungen des Partyorganisators Manfred | |
Schmidt gewesen. "Es gibt keine Beteiligung oder Finanzierung durch das | |
Land", so die Antwort des damaligen Staatskanzleichefs Lothar Hagebölling – | |
heute Chef des Bundespräsidialamtes. Daran mehren sich Zweifel: Am | |
Donnerstag letzter Woche wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft | |
Hannover wegen des Verdachts der Bestechlichkeit gegen Wulffs Exsprecher | |
Olaf Glaeseker bekannt. | |
Im Gegenzug für Sponsorenwerbung soll er gratis in Schmidt-Ferienhäusern | |
geurlaubt haben. 15.000 Euro soll Glaeseker 2009 als Staatssekretär beim | |
Ölkonzern Exxon eingeworben haben, beim Energiekonzern RWE 25.000 Euro, | |
berichtet der Spiegel. Und auch direkt sollen Landesgelder geflossen sein: | |
Kochbücher als Geschenke für die "Nord-Süd"-Gäste hat das | |
Landwirtschaftsministerium laut Medienberichten 2009 mit 3.411 Euro | |
finanziert. | |
Glaeseker hat zudem bei der Medizinischen Hochschule, einem Landesbetrieb, | |
Studierende als Hilfskräfte für die Sause angefordert. "Zweifelsfrei" sei | |
damit belegt, dass die Regierung Wulff 2010 falsch informiert und die | |
Landesverfassung gebrochen habe, sagt SPD-Fraktionschef Schostok. Danach | |
sind Anfragen "unverzüglich und vollständig" zu beantworten. | |
## Nach bestem Wissen und Gewissen | |
Eine Abstimmung des Parlaments braucht die Opposition für eine Klage nicht. | |
Der SPD-Abgeordnete Heiner Bartling, der die Anfrage 2010 gestellt hatte, | |
will sein individuelles Klagerecht nutzen. Wulff selbst sagte am Sonntag, | |
er seit bereit, sich gegenüber der Staatsanwaltschaft zu äußern. Vorwürfe | |
gegen ihn gibt es aus seiner Sicht aber bisher nicht. Die Staatskanzlei | |
habe damals "nach bestem Wissen und Gewissen" geantwortet – von den | |
Verstrickungen seines Exsprechers und engen Vertrauten habe er nichts | |
gewusst, beteuert Wulff. | |
Zunehmend unter Druck gerät in Niedersachsen auch die aktuelle | |
Landesregierung unter Ministerpräsident David McAllister (CDU): Sie hatte | |
vergangene Woche eine Landesbeteiligung an den "Nord-Süd-Dialogen" | |
abgestritten. Am Freitag musste Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) dann | |
den Einsatz der Studierenden einräumen. SPD-Fraktionschef Schostok | |
unterstellt Möllring "gezielte Irreführung, um Wulff zu schützen". Und | |
kündigt an, auch gegen ihn eine Klage zu prüfen. | |
22 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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