# taz.de -- Gewerkschaft gegen Burnout: Mehr Muße für Arbeiter | |
> Psychische Erkrankungen im Job nehmen zu. Die IG Metall fordert nun von | |
> der Politik eine Anti-Stress-Verordnung, um den steigenden Arbeitsdruck | |
> zu bekämpfen. | |
Bild: Harter Job, sehr harte Folgen. | |
BERLIN taz | Die IG Metall verlangt klare Schritte gegen psychische | |
Gefährdungen am Arbeitsplatz. Am Dienstag stellte die Gewerkschaft in | |
Berlin ihr Jahrbuch "Gute Arbeit" vor - und forderte | |
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, eine | |
Anti-Stress-Verordnung zu erlassen. Sie soll die vagen Formulierungen des | |
Arbeitsschutzgesetzes im Bereich der psycho-sozialen Belastungen | |
konkretisieren und Beschäftigten, Betriebsräten und Arbeitschutzbehörden | |
Handlungs- und Überprüfungsmöglichkeiten an die Hand geben. | |
"Burnout ist in aller Munde, aber weder in den Betrieben noch in der | |
Politik wird genug getan", begründete Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied | |
der IG Metall, den Vorstoß. | |
In der Tat schlagen Krankenkassen, die Weltgesundheitsorganisation und die | |
OECD Alarm: psychosozialer Stress im Job, der in sogenannten Burnouts | |
kulminieren kann, nehme überproportional zu. In Deutschland scheiden heute | |
bereits fast 40 Prozent aller Frührentner wegen psychischer Erkrankungen | |
aus dem Job aus, Krankschreibungen aus gleichen Gründen steigen seit Jahren | |
deutlich an, die Kosten explodieren. | |
Auf 27 Milliarden Euro schätzt das Statistische Bundesamt die jährlichen | |
Aufwendungen für die Behandlung psychischer Erkrankungen. "Es ist seltsam, | |
dass man angesichts solcher Zahlen nicht handelt", sagte Urban. | |
"Stress durch falsche Arbeitsrhythmen, Isolation oder Taktzeiten ist gut | |
erforscht, aber es fehlt die Konkretisierung für die Betriebe", sagte auch | |
Rolf Rosenbrock, Gesundheitsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin, am | |
Dienstag. Wie auch die IG Metall will Rosenbrock das "sehr gute" | |
Arbeitsschutzgesetz gar nicht antasten. Es fehlten aber konkrete | |
Ausführungsbestimmungen. | |
## Taktzeiten unter 90 Sekunden | |
So will die IG Metall beispielsweise festschreiben, dass Taktzeiten an | |
Bändern, die kürzer als eineinhalb Minuten ausfallen, als | |
gesundheitsschädlich gebrandmarkt werden. Monotonie und Montagetätigkeiten | |
in Sekundenabständen beispielsweise in der Automobilindustrie führen zu | |
"ernsten psychischen Gefährdungen, das ist arbeitswissenschaftlich | |
unumstritten", sagte Urban. Immer häufiger aber würden Taktzeiten unter 90 | |
Sekunden verkürzt, so Urban. | |
Auch für das Arbeiten an Projekten will die Gewerkschaft Regeln einführen. | |
Um Überforderungen vorzubeugen, gelte es beispielsweise, die Anzahl | |
parallel laufender Projekte zu begrenzen oder Betriebsräten Einfluss auf | |
Projektlaufzeiten zu gewähren. | |
Über die Vorschläge will die Gewerkschaft nun mit dem | |
Bundesarbeitsministerium (BMAS) diskutieren. Arbeitsministerin von der | |
Leyen hatte bereits angekündigt, sich verstärkt um das Thema psychische | |
Belastungen am Arbeitsplatz zu kümmern. Auch sie strebt keine Änderung des | |
Arbeitsschutzgesetzes an. Ob es jedoch eine konkretere Verordnung geben | |
könne, darüber war aus dem Ministerium am Dienstag noch nichts zu erfahren. | |
"Es ist nicht ausgeschlossen, aber wir müssen es erst noch prüfen", so ein | |
Sprecher. | |
24 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
## TAGS | |
BMBF | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer Aufbruch in der Arbeitsforschung: Ständig in Alarmbereitschaft | |
Roboter und Digitalisierung reduzieren die körperlichen Belastungen am | |
Arbeitsplatz. Der psychische Stress hingegen wird größer. | |
Von der Leyens Kombirente: Rentner sollen mehr arbeiten | |
Noch vor dem Sommer will Ursula von der Leyen (CDU) die Kombi- und die | |
Zuschussrente auf den Weg bringen. Die Opposition kritisiert diese scharf. | |
Kommentar Burn-out: Burn-out für alle | |
Die IG Metall fordert, das deutsche Arbeitsschutzgesetz für den Bereich der | |
psychosozialen Gefährdungen zu konkretisieren. Die Arbeitsministerin sollte | |
mitziehen. | |
Psychotherapeutische Versorgung reformiert: Abschied vom Krankenhaus | |
Die Krankenhäuser wollen mehr Betten für psychisch Kranke, doch der Senat | |
setzt auf eine "integrierte Versorgung". Die ersten Projekte finden | |
Zuspruch. | |
Kommentar Von der Leyen-Kampagne: Ministerin ganz ohne Burn-out | |
Depressionen kann man in der Regel nur mit Antidepressiva und | |
Stimmungsaufhellern bekämpfen. Kampagnen für einen stressfreien | |
Arbeitsplatz helfen da eher nicht. |