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# taz.de -- Interview mit "Descendants"-Regisseur: "Ich sah Clooney noch nie we…
> Manchmal hilft Fremdheit: Wie Alexander Payne Hawaii kennenlernte, wie
> die Realität eines Orts im Film entsteht und über soziale Komödien im
> Hollywoodkino.
Bild: "The Descendants" - eine düstere Geschichte, erzählt von einem Komödie…
taz: Herr Payne, "The Descendants" gewinnt laufend Preise, ist fünfmal für
den Oscar nominiert. Eigentlich wollten Sie jedoch einen Film namens
"Downsizing" drehen - über ein Paar, das beschließt, der Finanzmisere zu
entgehen, indem es sich ganz klein macht.
Alexander Payne: Ja, das ist - vorerst - am Geld, aber auch an der
Technologie gescheitert. Von "The Descendants" hatte ich 2007 das erste Mal
gehört, mein Produzent machte mich darauf aufmerksam. Um die Wahrheit zu
sagen: Mir ging die Geschichte nicht sehr zu Herzen. Ich blieb irgendwie
draußen
Was hat Sie denn umgestimmt?
Erst als ich begann, am Buch zu schreiben, kamen mir Ideen, die mir den
Film emotional und filmisch näherbrachten.
Wie haben Sie sich dem Schauplatz Hawaii angenähert - kannten Sie den Ort?
Nein, ich hatte keinerlei Vorstellung von dieser Welt reicher Leute in
Hawaii - ich bin aus Nebraska! Ich benötigte wirklich die Hilfe der Autorin
Kaui Hart Hemmings. Sie war es auch, die mir die Tür zu dieser Seite von
Hawaii geöffnet hat, sie hat mir die Leute vorgestellt, die Clubs und
Häuser gezeigt - sodass ich ein Gefühl für alles bekam. Schon in "About
Schmidt" waren Ausstattung und nichtprofessionelle Darsteller sehr wichtig.
Sie erzählen, wie ein Ort wirklich ist. Diesmal war es wichtig, die
asiatischen Gesichter neben den weißen Protagonisten zu haben - ihre Art,
zu sprechen, ist ganz wesentlich. Sie helfen auch dabei, dass Filmstars
plötzlich realer wirken. Umgekehrt unterstützen sie die erfahrenen
Schauspieler darin, besser zu sein.
Man hat den Eindruck, Sie zeigen in Ihren Filmen bevorzugt normales,
bürgerliches Leben.
Im Film heißt es zu Beginn: "Sie glauben, Hawaii ist das Paradies? Fuck
you, it's not!" Auf einer visuellen Ebene ist es reizvoll, an einem der
schönsten Orte der Welt zu sein und dann zu zeigen, wie die Menschen
wirklich leben. Doch es ist keine besonders tiefsinnige Offenbarung, dass
Menschen überall leiden. Denken Sie nur daran, wie schön Haiti ist!
Dennoch liegt etwas Komisches in Ihrem Blick auf den Alltag - schon allein
diese lächerlichen Shorts und Hemden!
Oh ja, aber die Menschen ziehen sich dort wirklich so an! Man könnte "The
Descendants" eine soziale Komödie nennen - es geht um Moral und darum, wie
Menschen miteinander umgehen. Und ich habe tatsächlich noch nie Hawaii in
einem Film gesehen. Man kennt ähnliche Geschichte aus jeder verdammten
Stadt der Welt. Ich fand es spannend, eine alte Geschichte an einem neuen
Ort zu erzählen.
Es gibt im Film auch einen Erzählstrang um die Veräußerung von Land - und
die Frage, wem es eigentlich gehört.
Mir ging es darum, glaubwürdig zu sein. Diese Geschichte der Rückgabe des
Familienbesitzes ist ein Teil des Buchs, also habe ich über die
gesetzlichen Fragestellungen - wie es sein kann, dass ein einzelner Mann
der Vermögensverwalter des Landes ist - lange mit Anwälten gesprochen. Es
war wichtig, dass dieses Element im Film ist, ohne dass daraus eine
liberale Botschaft wird.
Also ohne Emphase …?
Genau. Ohne "Lass uns das Land retten!"-Slogans, selbst wenn wir damit
sympathisieren. Ein metaphorisches Echo reicht völlig - es geht bei Matt ja
auch um die Umgestaltung des Privatlebens.
Sie sprachen von einer sozialen Komödie - dies ist im Hollywoodkino selten.
Was zeichnet deren Realitätssinn aus?
Haben Sie Martin Scorseses Dokumentation über Elia Kazan gesehen? Es gibt
darin einen schönen Satz über "Die Faust im Nacken": "Ich hatte das erste
Mal das Gefühl, dass die Leute, die ich kannte, Bedeutung hatten." Ich
fühle ähnlich, ich möchte Menschen wie aus Omaha - der Stadt, aus der ich
komme - auch in Filmen sehen. Das Leben hat diese gewisse Patina. Ich
schätze Filme, die unserer Realität näherkommen, statt sich von ihr zu
entfernen. Und ich mag Komödien.
Sie gelten als großer Freund der menschlichen Komödie eines Billy Wilder
oder Leo McCary.
Das sind die Filme, die ich bewundere, klassisches Erzählkino. Ich bin aber
auch von New Hollywood in den 1970er geprägt worden, als es dem US-Kino
gelang, das Studio zu verlassen, auf die Straße zu gehen und Leute zu
zeigen, die nicht wie Filmstars aussehen. Es gab Schauspieler wie Al
Pacino, George Segal, Dustin Hoffman oder Jack Nicholson, die nicht
unbedingt wie Old-School-Filmstars wirkten.
Ihr Film hat einen dramatischen Kern, wechselt dann allerdings oft die
Tonart ins Komische.
Das plane ich nicht, es drängt sich mir einfach auf, wenn ich mir überlege,
wie der Film sein soll. Es ergibt sich wohl dadurch, dass hier eine
eigentlich düstere, traurige Geschichte von einem Komödienregisseur erzählt
wird. Wenn sich eine Gelegenheit für einen Gag ergibt, ergreife ich sie.
Ich spreche von visuellen Witzen: Wie Matt rennt, wie er den anderen Mann
ausspioniert, wie er Sätze nicht so richtig über die Lippen bekommt -
Absurdität findet sich in allen Dingen, auch in den schrecklichsten. Die
Tatsache, dass wir existieren, ist absurd.
Und ab wann haben Sie bei diesem absurden Verhalten an George Clooney
gedacht?
Er war meine erste Wahl. Ich schreibe allerdings nur selten mit
Schauspielern im Kopf - wenn doch, dann mit einem, der bereits tot ist.
"About Schmidt" schrieb ich für William Holden. Letztlich hängt es am
Drehbuch, es gibt ja nicht so viele anständige davon - und Stars wie
Clooney suchen danach. Ich bin natürlich daran interessiert, dass gute
Schauspieler die reizvollsten Parts spielen.
Gab es nicht den Anreiz, Clooney anders zu zeigen? Er wirkt hier sehr
empfindsam, verletzlich.
Lassen Sie es mich so sagen: Ich denke nicht so sehr an den Kontext oder
die Ikonografie eines Schauspielers. Aber ich gebe zu, dass ich in einem
bestimmten Moment gedacht haben: "Ich habe zwar Tom Hanks, aber noch nie
George Clooney weinen gesehen."
26 Jan 2012
## AUTOREN
Dominik Kamalzadeh
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