# taz.de -- FLUGROUTEN: Retten, was zu retten ist | |
> Die Fluglärmkommission in Schönefeld will kleinteilige Verbesserungen für | |
> Anrainer suchen. An den großen Linien kann sie nichts mehr ändern. | |
Bild: Hatte ihren Mitgliedern nicht viel zu bieten: Die Fluglärmkommission | |
Die Schlachten sind geschlagen, die Kämpfer sind müde: Sachlich und von | |
Ermattung geprägt hat am Montag die Fluglärmkommission in Schönefeld | |
getagt. Nachdem die umstrittenen Flugrouten beschlossene Sache sind, will | |
das Gremium nun mit kleinteiligen Verbesserungsvorschlägen für die | |
Flughafenanwohner retten, was zu retten ist. | |
Es gehe um "Möglichkeiten unterhalb der Rechtsauslegungen", erklärte die | |
Kommissionsvorsitzende Kathrin Schneider am Nachmittag. An den umstrittenen | |
Entscheidungen wie den Abflügen über dem Müggelsee werde nicht gerüttelt, | |
stellte der Direktor des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BaF), | |
Nikolaus Herrmann, klar. "Es wird erst einmal nichts geändert", antwortete | |
er auf die Frage, ob das Naherholungsgebiet zumindest an den Wochenenden | |
vom Lärm verschont werden könnte. | |
Trotzdem könnte es noch Spielraum für Lärm-Erleichterungen geben: Eine | |
Arbeitsgruppe soll nun prüfen, ob die Piloten grundsätzlich an Sonn- und | |
Feiertagen bis zu einer größeren Höhe auf einzelne Routen festgelegt werden | |
sollen. Als Vorbild dient die für den Flughafen Tegel geltende Regelung. | |
Dort dürfen die Maschinen an Sonn- und Feiertagen ihre Routen nach Starts | |
gen Osten erst auf 2.400 Metern Höhe verlassen. Die Routen für Schönefeld | |
sind bis auf etwa 1.500 Meter festgelegt. | |
Auch solle darüber nachgedacht werden, welche Folgen ein eingeschränkter | |
Betrieb in der Nacht zwischen 23.30 Uhr und Mitternacht sowie 5 Uhr und | |
5.30 Uhr hätte, sagte Brandenburgs Infrastruktur-Staatssekretär Rainer | |
Bretschneider (SPD). Er gehört der Arbeitsgruppe ebenso an wie Vertreter | |
von Air Berlin, Lufthansa, der Deutschen Flugsicherung, des BaF und der | |
Flughafengesellschaft. | |
Bretschneider ging auf Überlegungen ein, nachts nur eine Bahn - etwa die | |
Südbahn - zu benutzen. Damit, so der Staatssekretär, werde es zwar für den | |
Berliner Südwesten ruhiger. Wie viele Menschen dann aber in Brandenburg | |
unter den zusätzlich von der Südbahn startenden Maschinen leiden würden, | |
werde untersucht, sagte der Staatssekretär. Überhaupt ist offen, inwieweit | |
den Überlegungen tatsächlich Beschlüsse folgen: "Ziel der Arbeitsgruppe ist | |
es, ein Gefühl bei den Beteiligten zu entwickeln, dass sich etwas tut." | |
Auch das so genannte Münchner Verfahren wird entgegen früherer Aussagen nun | |
doch geprüft. Dabei geht es darum, ob Flugzeuge gen Osten länger parallel | |
zueinander fliegen dürfen als eigentlich vorgesehen. Bisher hatte die | |
Flugsicherung eine solche Untersuchung abgelehnt. | |
Das einzige konkrete Ergebnis der fünf Stunden langen Sitzung verkündete | |
Flughafenchef Rainer Schwarz: Der Schallschutz werde auf 150 weitere | |
Menschen in der Gemeinde Dahlewitz ausgeweitet. Auch rechne man auf der | |
Basis der offiziellen Flugrouten noch einmal neu - mit den anvisierten | |
360.000 Flugbewegungen pro Jahr. Schwarz wollte mit dieser Aussage Vorwürfe | |
von Bürgern entkräften, bei den Zahlen getäuscht zu haben. "In den | |
Unterlagen ist immer von 250.000 Flugbewegungen die Rede. Dadurch gibt es | |
weniger unzumutbar Belastete im Flughafenumfeld", kritisierte die | |
Bohnsdorferin Christine Dorn. Sie kündigte neue Klagen gegen das | |
Brandenburger Infrastrukturministerium an. Staatssekretär Bretschneider gab | |
sich gelassen. "Wir werden dauernd verklagt", sagte er. Laut Flughafen | |
haben 25.500 Anwohner Anspruch auf Schallschutz, 15.000 vollständige | |
Anträge sind bisher eingegangen. Davon seien 12.000 bearbeitet, hieß es. | |
Draußen vor der Tür geht der Protest weiter: Mitglieder der | |
Bürgerinitiativen wollten sich am Montagabend wieder in Friedrichshagen | |
versammeln. | |
30 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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