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# taz.de -- Arbeitsagentur-Vorstand über Armut: "Mit dem 400-Euro-Job eingeric…
> Heinrich Alt von der Bundesagentur für Arbeit warnt vor Minijobs als
> Lebensstil, kritisiert die Statistiken und befürchtet dass eine neue
> Krise nicht gut verlaufen könnte.
Bild: Soll die Hilfebedürftigkeit verringern: Arbeitsagentur in Rostock.
taz: Herr Alt, die Zahl der Arbeitslosen ist im Winter nur knapp auf über 3
Millionen gestiegen. Aber das Beschäftigungswunder geht in großen Teilen
auf Niedriglöhne, Leiharbeit und Minijobs zurück. Läuft da etwas schief?
Heinrich Alt: Der Arbeitsmarkt sieht zurzeit nicht schlecht aus. Wenn die
wirtschaftliche Entwicklung bei 0,5 oder 1 Prozent Wachstum bleibt, wie
vorausgesagt, bleibt er auch 2012 stabil. Natürlich sollen die Menschen
existenzsichernde Einkommen haben. Aber man muss auch zu schwierigeren
Bedingungen in den Arbeitsmarkt einsteigen.
Aber mit dem Einstieg ist es nicht getan. Nur 7 bis 10 Prozent der
Leiharbeiter finden beispielsweise bessere, also abgesicherte Jobs.
Das stimmt, aber die Lage ist in der letzten Konjunktur etwas besser
geworden. Das zentrale Kriterium bleibt aber die berufliche Aus- und
Weiterbildung. Nur damit verbessert man seine Chancen auf gut bezahlte
Arbeit. Einige Menschen haben sich aber auch mit einem 400-Euro-Job
eingerichtet. Zum Einstieg ist das okay, aber daraus sollte kein Lebensstil
werden.
Müsste die Politik die 400-Euro-Jobs verbieten?
Altersarmut ist mit 400-Euro-Jobs vorprogrammiert, das sagen wir auch
immer. Ich würde es begrüßen, wenn Minijobs nur für Rentner, Studenten und
Schüler da wären, die etwas hinzuverdienen wollen, oder auch für
Arbeitnehmer, die ihr Gehalt aufbessern. Aber das muss die Politik
entscheiden.
In der Gastronomie hat jeder zweite einen Minijob. Da ist die
Verhandlungsmacht, solche Jobs abzulehnen, klein.
Bei uns wird man nicht automatisch sanktioniert, wenn man eine
Vollzeitstelle sucht und deswegen einen 400-Euro-Job ablehnt. Obwohl wir
immer individuell klären müssen, ob solch ein Job als Einstieg sinnvoll
wäre. Zumindest wird damit die Hilfebedürftigkeit verringert.
Immer mehr Menschen sind vorübergehend arbeitslos. Muss es einfacher
werden, seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I geltend zu machen?
Die Politik muss entscheiden, ob man die Zeit der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung über drei statt nur über zwei
Jahre betrachten sollte, wenn es um Ansprüche aus der
Arbeitslosenversicherung geht. Der Arbeitsmarkt ist heute stärkeren
Schwankungen unterworfen, deswegen kann man diskutieren, ob es gerecht ist,
wenn heute von 100 Beitragszahlern nur 75 Prozent die Versicherungsleistung
bekommen.
Die Bundesagentur für Arbeit hat 2011 mit einem kleinen Plus abgeschlossen,
auch für die nächsten Jahre erwartet sie schwarze Zahlen. Die Lage hat sich
entspannt, oder?
Die Konjunktur war viel besser als vorausgesehen. Das Plus Ende 2011 ist
gut, aber es wäre besser gewesen, wenn wir 2011 auch Vorsorge für die
nächste Konjunkturdelle oder den nächsten Einbruch hätten treffen können.
Die letzte Krise ist nicht zuletzt deswegen so gut verlaufen, weil wir 18
Milliarden Euro Rücklagen hatten. Kommt es wieder zu einer Krise, fehlen
uns diese.
Es gibt immer wieder Kritik an Ihrer Statistik. Arbeitslose ab 58 Jahren,
die ein Jahr lang keinen Job angeboten bekommen haben, gelten nicht als
arbeitslos. Was müssen Sie ändern?
Die Politik legt fest, wer als Arbeitsloser gezählt wird, nicht wir. Wir
hatten uns gegen die 58er Regelung ausgesprochen. Von uns erfahren Sie aber
immer, wie groß diese Gruppe ist, derzeit sind es 102.000 Personen. Man
sollte nicht der Bundesagentur für Arbeit deswegen Vorwürfe machen.
1 Feb 2012
## AUTOREN
Eva Völpel
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